Webwecker Bielefeld: falle02

Vorsicht Falle! (Teil 2)









Wilhelm Heitmeyer, Professor für Pädagogik an der Uni Bielefeld und Autor der Langzeitstudie »Deutsche Zustände«, kritisierte in seiner Eröffnungsrede diese Analyse und die aktuellen »Kurzschlüsse von Politikern«, namentlich der Bundeskanzlerin. »Frau Merkel reduzierte nach dem Überfall von Potsdam das Problem auf den Zusammenhang von Wirtschaft und Rechtsextremismus«, bemängelte der Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Gewalt- und Konfliktforschung der Uni Bielefeld. »Es geht hier aber um ganz komplizierte Wechselverhältnisse, deshalb sind solche Aussagen sehr gefährlich«, stellte er klar.

Auch wenn er es wichtig findet, »auch solche rechtsextremen Karrieren zu zeigen«, hält er die Fokussierung der Präventionsmaßnahmen auf Jugendliche für falsch. Er verweist auf die »Mentalitätsbestände« in der Bevölkerung, die den wahren Nährboden für Rechtsextremismus bieten. »Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« nennt er diese Bestände, nach seinen Erkenntnissen ist die unter älteren Menschen sehr viel verbreiteter als unter Jugendlichen. »Die Interventionsmaßnahmen sind aber nur auf Jugendliche zugeschnitten, bei uns Älteren gibt es gar nichts«, mahnt der renommierte Rechtsextremismus-Experte.


Die Schuld der Eliten

Geht es nach ihm, müssten vor allem die Eliten für das Thema sensibilisiert werden. Denn die würden die Abwertung bestimmter Bevölkerungsgruppen teils sogar aus taktischem Kalkül propagieren, die Medien diese Stimmung anschließend transportieren. »Die Leute meinen dann, ihre abwertende Meinung sei die Normalität«, beschreibt er den weiteren Prozess, den er in vielen Regionen in Ostdeutschland als dramatisch ansieht. Jugendliche, die Gewalt gegen Migranten, Juden oder Homosexuelle ausüben, fühlten sich dann durch diesen Normalzustand legitimiert.

»Deshalb müssen wir an unseren Arbeitsplätzen, in unserem Freundeskreis mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus anfangen«, forderte Heitmeyer bei der Ausstellungseröffnung. Er äußerte gegenüber dem WebWecker auch Kritik am Titel der Ausstellung, von der man nach seiner Ansicht nicht zu viel erwarten dürfe. Wackelkandidaten werde man mit ihr nicht erreichen, sie könne nur Menschen bestärken, die ohnehin gegen Rechts seien. Der Titel suggeriere, dass man dann intervenieren müsse, wenn die Jugendlichen in die »Braune Falle« getappt seien. »Kommen wir aus der eigenen Falle heraus, dass wir erst am Ende des Prozesses ansetzen«, forderte Heitmeyer in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung.

Nach ihm skizzierte Christa Polfers vom Bundesamt für Verfassungsschutz die aktuellen Entwicklungen im Rechtsextremismus, der auch nach dem 11. September 2001 ein »ganz wesentlicher Arbeitsschwerpunkt der Verfassungsschutzbehörden« sei, wie sie sagt. »Wir haben es heute mit einem jüngeren, aktionistischeren und auch militanteren Rechtsextremismus zu tun«, verglich sie die heutige Nazi-Szene mit der der 80er-Jahre. Zudem widmeten sie sich eher aktuellen Fragen wie Hart IV.