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Studierendenvertreter fordern Rücktritt des Rektors (Teil 2)



Ein Darlehensmodell, das Kinder aus einkommensschwächeren Familien nicht vom Studium abschreckt, sehen die Studierendenvertreter bei den von der Landesregierung vorgelegten Plänen immer noch nicht. Nach dem sollen Studierende für die eineinhalbfache Regelstudienzeit ein Darlehen mit etwa sechs Prozent Zinsen von der NRW-Bank erhalten. »Ein Darlehensmodell ist für den AStA, aber auch für weite Teile des Senats, nur der Einstieg in eine Verschuldungskarriere von Studierenden und wird viele vom Studium abschrecken«, findet der AStA.

Rektor Dieter Timmermann sieht das Modell als ausreichend an, um die soziale Schieflage an den Hochschulen nicht weiter zu verschlechtern. Immer noch ist in der Bundesrepublik der Anteil der Studierenden aus finanziell schwächeren Familien im internationalen Vergleich zu gering. »Dabei geht das Rektorat davon aus, dass der staatlich garantierte Darlehensanspruch in Verbindung mit der vorgesehenen Deckelung der Darlehensschuld eine auf den Studienbeitrag bezogene ausreichende soziale Komponente darstellt«, erklärt Timmermann in seinem Schreiben den Senatoren. Dass der Schuldenberg nach dem Studium auch für BaföG-Empfänger auf maximal 10.000 Euro begrenzt ist, stellt für ihn gar so etwas wie ein Stipendium dar, wie er dem Campusradio erzählte. Dabei sagte er noch am 7. September dem WDR5 Morgenecho: »Ich sehe noch nicht, dass die Landesregierung bislang ein Unterstützungssystem vorweisen kann«. Zu diesem Zeitpunkt war zwar das Gesetz noch nicht eingebracht, das Darlehensmodell aber schon bekannt.

Nicht nur der AStA, auch das Studierendenparlament ist wegen seiner öffentlichen Pro-Gebühren-Haltung sauer auf den Rektor und schloss sich einstimmig der Rücktrittsforderung an. »Was mich wundert, ist, dass sich Timmermann diese Dreistigkeit erlaubt, obwohl noch gar nichts beschlossen ist«, sagte ein Mitglied des Studierendenparlaments bei der Sitzung des Gremiums am vergangenen Donnerstag. Das Vorpreschen des Rektors bezeichnete er als »unglaubliche Sauerei«. Ein anderer Studierendenvertreter kündigte an, das Abstimmungsverhalten einzelner Senatoren zu der Frage öffentlich zu machen: »Täter haben Namen und Gesichter«, sagte er.

In der Sitzung am heutigen Mittwoch – der Tagesordnungspunkt »Studienbeiträge« wird erst nach Redaktionsschluss des WebWeckers behandelt – soll der Senat nach dem Willen des Rektorats die Grundsatzfrage entscheiden, ob Studiengebühren eingeführt werden. Auf Antrag des studentischen Senatsmitgliedes Martin Isbruch von der grünen hochschulgruppe*offene liste wurde die Verhandlung der Frage aus dem Senatssaal in das Audi Max der Universität verlegt. Die Studierendenvertreter gehen davon aus, dass das Interesse an dem Thema den Senatssaal sprengen könnte. Angesichts der verhärteten Fronten könnte die Sitzung tatsächlich explosiv werden, die Studierendenvertretung ruft alle Studierenden dazu auf, an der Sitzung teilzunehmen.

Während in der Uni noch gestrittem wird, hat die Fachhochscule die Einführung der Gebühren schon beschlossen. Der Senat legte sich in der vergangenen Woche mit großer Mehrheit darauf fest, dass sie eingeführt werden, sobald das Gesetz dies zulässt, wahrscheinlich ist das Wintersemester 2006/2007. Von den Einnahmen gehen etwa 23 Prozent in einen Ausfallfonds, der die Schulden der Studierenden gegenüber der NRW-Bank übernehmen soll, wenn die nach dem Studium nicht zahlen können. Der Rest der Gelder geht zu 80 Prozent an die Fakultäten. »Dort werden paritätisch besetzte Arbeitsgemeinschaften für Qualitätsmanagement eingerichtet, die nach einer Evaluation die Gelder semesterweise beantragen«, erläutert FH-Sprecher Frank-Rüdiger Bürgel den Verteilungsmodus.


Der Tagesordnungspunkt »Studienbeiträge« wird am 1. Februar ab 12 Uhr im Audi Max der Universität verhandelt