Webwecker Bielefeld: telefondaten

Einstellung der Telefonabfrage gefordert (25.01.2006)



Die Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen berichten, in den vergangenen Wochen hätten sich Arbeitslosengeld-II-Bezieher verunsichert an sie gewandt. Sie wollten wissen, ob die Datenermittlung per Telefon rechtens sei. Ausgelöst wurde die Verunsicherung durch Serienbriefe einiger Träger für Arbeitslosengeld II (Alg II), in denen eine telefonische Betreuung der Kunden angekündigt wurde.

Die den Erwerbslosenorganisationen vorliegenden Schreiben beginnen mit dem Satz: »Sehr geehrte/r Dame, Herr ..., unser gemeinsames Ziel ist es, dass Sie so schnell wie möglich Arbeit finden...« Deshalb sollen sich die angeschriebenen Erwerbslosen von Montag bis Freitag zwischen 8 und 20 Uhr bereithalten, um mit MitarbeiterInnen der »Service-Center Kundenbetreuung SGB II« der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Telefon ihre „Kundendaten“ zu besprechen.

Mit diesem Schreiben an die Betroffenen, lässt die BA verlauten, sei der im August letzten Jahres vom Bundesbeauftragten für Datenschutz Peter Schaar geforderten Informationspflicht Genüge getan. Die telefonische Abfrage von persönlichen Daten erfülle somit alle Anforderungen des Datenschutzes.

Dieser Ansicht widerspricht Frank Jäger, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG): »Wir sehen bei diesem Verfahren erhebliche Mängel. So ist der Zeitraum, in dem die Angeschriebenen mit Anrufen zu rechnen hätten, unbefristet und unbestimmt.« Im Grunde könne so die Abfrage nach Erhalt des Schreibens auf die Zeit des gesamten Leistungsbezuges ausgedehnt werden.

Der Hinweis auf die »telefonische Betreuung« könne somit irgendwann in das Kleingedruckte des Alg-IIAntragsformulares wandern und würde von Betroffenen dann kaum wahrgenommen, befürchten die Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen. Die BAG macht darauf aufmerksam, dass die BA ihre Ankündigungen zum Datenschutz – etwa die Behebung von Mängeln beim Alg-II-Antrag – bislang selbst nicht ernst nehme. Generell lasse die Behördenpraxis gegenüber Alg-II-Beziehenden jegliche Sensibilität beim Daten- und Persönlichkeitsschutz vermissen.

In dem Serienbrief fehle auch der vom Bundesdatenschutzbeauftragten geforderte, klare und unmissverständliche Hinweis auf das Recht der Auskunftsverweigerung am Telefon. Auf der anderen Seite suche man in dem Schreiben vergeblich nach der Ankündigung der Bundesagentur in ihrer Pressemitteilung vom 12. Januar, dass Erwerbslose, die am Telefon die Auskunft verweigerten, mit einer Vorladung zum persönlichen Gespräch zu rechnen hätten. »Offensichtlich verbindet die Arbeitsagentur mit der persönlichen Betreuung von Erwerbslosen in den Alg-II-Behörden ein besonderes Drohpotential, das Erwerbslose zur telefonischen Auskunft bewegen soll«, schließt Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles. »Das läuft auf eine Sonderbehandlung hinaus, für die es keine Rechtsgrundlage gibt, und auf die Einrichtung schwarzer Listen von mutmaßlich unkooperativen Leistungsbeziehenden.«

Wenn BA Chef Frank-Jürgen Weise die Eigenverantwortung der Betroffenen fördern will, sollte er auf die von seiner Behörde angebotenen »fürsorgliche Belagerung«durch ein Telefon-Service-Center verzichten. Wer zu Hause an Werktagen zwölf Stunden mit solchen Anrufen rechnen muss, sei verunsichert. Denn auf solche Gespräche könnten sich Betroffene kaum inhaltlich vorbereiten, hätten aber das Gefühl, einer ständigen Kontrolle ihres Alltags ausgeliefert zu sein. »Was passiert, wenn die Leute telefonisch nicht erreichbar sind? Kommen die dann auf eine Liste und werden vom Amt in die Mangel genommen«, fragt Harald Thomé. Die Erwerbslosenorganisationen fordern die BA auf, diese »rechtswidrige Datenermittlung« sofort einzustellen.