Webwecker Bielefeld: bikessel02

Rechtmäßigkeit des Kessels weiter ungeklärt (Teil 2)



Der Einsatzleiter wollte von ihm die Zustimmung zur Auflösung des Kessels und zur Ingewahrsahm-Nahme der Eingekesselten bis zum nächsten Morgen. Dabei nahm der Richter, wie er schreibt, die polizeiliche Entscheidung für den Kessel als »gegebene Tatsache« hin und betont, er habe zu keinem Zeitpunkt eine Erlaubnis oder gar Anordnung für den Kessel erteilt.

Er habe zum damaligen Zeitpunkt nicht angenommen, dass eine Regelung aller Einzelfälle verlangt werden könnte, bei denen er jeden einzelnen Betroffenen hätte anhören müssen. Eine solche Regelung von Einzelfällen, verbunden mit »der Auswahl der festzuhaltenden Personen, des Ortes und der Dauer ihrer Unterbringung dort, konnte und wollte ich schlechterdings nicht treffen«, schreibt er. Nach geltendem Recht hätte er dies aber tun müssen, hätte mindestens bis zum nächsten Tag einen schriftlichen Beschluss einreichen müssen. Das er so nicht vorging, lag wohl tatsächlich daran, dass ihm die Rechtslage nicht geläufig war.

Für ihn konzentrierte sich alles auf die Frage, wie der Kessel vernünftig aufgelöst werden könne: »Meine Aufgabe habe ich in dieser Situation darin gesehen, das vorgestellte Polizeikonzept einer Abwicklung des Kessels pauschal zu bestätigen (oder ggf. mit den von der Polizei aufgezeigten wahrscheinlichen Konsequenzen auch nicht zu bestätigen)«, schreibt Grotevent. Auch im Interesse der beteiligten Demonstranten habe er einen Beitrag zur schnellstmöglichen Beendigung des Kessels leisten wollen und habe dem Polizeibeamten erklärt: »Das geht in Ordnung«.

Die Richterin am Amtsgericht wertet dieses Telefonat als Entscheidung des Richters und hält sich offen, das Verfahren an das Landgericht Bielefeld zu überweisen. »Es gibt aber gar keine Entscheidung im Rechtssinne«, erklärt Nickel hingegen. Dazu hätte es einer klaren schriftlichen Fixierung bedurft, die hat es damals allerdings nicht gegeben. Verfolgt die Richterin ihre Linie, dann müssten die Betroffenen gegen die mündliche Entscheidung des Richters Grotevent vor dem Landgericht Beschwerde einlegen. Nickel geht noch einen Schritt weiter: »Eigentlich ist bis heute keine Entscheidung über den Kessel getroffen. Die Entscheidung, die der Richter Grotevent damals hätte treffen müssen, ist noch immer noch gefallen« – eben weil es nichts Schriftliches gab und die Betroffenen damals gar nicht angehört wurden. Und dann wäre weiter das Amtsgericht zuständig.

Zweifelsohne ist die Sache im April 1998 ziemlich schief gelaufen. Doch wie geht man nun damit um? Nickel befürchtet, dass sich die Gerichte die Verantwortung gegenseitig zuschieben. Dabei wollen die Kläger nur Klarheit, ob damals alles rechtens abgelaufen ist.