Für oder gegen »das Volk«?Obwohl er körperlich nicht anwesend ist, ist einer bei der Informationsveranstaltung allgegenwärtig: Oskar Lafontaine, von den meisten kumpelhaft als »Oskar« bezeichnet. Kritik an dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden wird von manchen als Majestätsbeleidigung aufgefasst. Lafontaines Rede von den »Fremdarbeitern, vor denen der Staat deutsche Familienväter schützen muss« bezeichnet Dirk Schmitz als ungeschickt. Als der Autor dieser Zeilen das in Zweifel zieht, auf Lafontaines Annäherung an NPD-Wähler verweist, die nach dessen Meinung aus »Wut und Verzweiflung« Rechtsextreme wählen, und an dessen Eintreten für Auffanglager in Libyen erinnert, reagiert Schmitz verärgert. Er beschuldigt den Kritiker, »Anhänger der Großparteien CDU, SPD oder der Grünen« zu sein.
»Oskar will nicht die rechtsextremen Wähler haben, sondern die, die sich vertan haben«, versucht Schmitz klarzustellen. »Man versucht demagogenhaft auf uns einzudreschen und uns als Populisten abzustempeln«, klagt er. Wobei er den Vorwurf des Populismus so schlimm gar nicht findet: »Populismus ist nichts anderes, als dass man für das Volk kämpft. Aber die, die uns als Populisten bezeichnen kämpfen gegen das Volk«, meint Dirk Schmitz.
Wie dieses Volk so denkt, macht einer der Zuhörer deutlich, der die Forderung nach einer Grundsicherung für alle in Frage stellte. »Es kann doch nicht sein, dass jemand, der seinen Arsch jeden Morgen zwischen fünf und sechs aus dem Bett schwingt, das selbe Einkommen hat, wie ein Alkoholiker oder Drogenabhängiger«, findet er. Von Beate Niemeyer erntet er Widerspruch: »Alkoholismus und Drogenprobleme sind eine Krankheit«, stellt sie fest. Das Grundgesetz sehe zudem vor, »dass jeder Mensch nicht nur das haben soll, was er zum Überleben braucht, sondern das, was seine Würde ausmacht«.
Mit dem Schielen nach rechts hat Niemeyer Probleme, sieht im Populismus eine Gefahr. Das Etikett links müsse zum Teil noch inhaltlich gefüllt werden: »Ob das gelingt hängt davon ab, wie weit Antifaschismus oder Migration Thema wird«. Das Wahlprogramm macht einen Schritt in diese Richtung. In ihm wird klargestellt, dass die BRD ein Einwanderungsland ist, das individuelle Grundrecht auf Asyl soll verteidigt werden. Das war unter der tätigen Mitwirkung von Oskar Lafontaine faktisch abgeschafft worden. Sabahhatin Karakoc hat sicher Recht, wenn er sagt: »Wir sind eine pluralistische Partei, da gibt es durchaus kontroverse Meinungen.« Bestätigt wurde er auch durch den Parteitag in Essen: Als Vertreter der »Jungen Linken« das Podium mit einem Transparent enterten, auf dem sie sich von der Aussage des Spitzenkandidaten zu »Fremdarbeitern« distanzierten, erhielten sie großen Beifall. »Links ist, wo keiner fremd ist«, stand da zu lesen.
Informationen zum Wahlprogramm der Linkspartei.PDS finden sich hier.