Im Projekt Stattvilla planen ganz unterschiedliche Menschen, in aktiver Hausgemeinschaft zu leben. Drei Mitglieder tauschen sich aus über ihre Pläne, Wohnerfahrungen und Haltungen zur Kehrwoche. (Foto: Huib Rutten)Interview: Aiga KornemannWas war Ihr schlimmstes Erlebnis mit Nachbarn?Annedore Hof: Das liegt lange zurück, aber es ging ums Putzen. Die Hauswirtin wohnte mit im Haus und ging jeden Tag mit dem Finger über die Leisten im Treppenhaus, um zu prüfen, ob ich auch ordentlich geputzt habe. Fürchterlich.
Ursel Sickendiek: Bei mir waren es Nachbarn, die sich darüber beschwert haben, dass ich spät abends Besuch bekommen habe.
Andreas Schüssler: Ganz am Anfang, als ich eingezogen bin, das ist aber auch schon zwanzig Jahre her, da sagte die Frau über mir, Herr Schüssler, früher haben wir zwei mal in der Woche die Treppe geputzt. Da haben wir aber keinen Stress miteinander. Wer's macht, macht's.
Mit etwas Glück sind Sie bald Ihre eigenen Vermieter. Wann soll es so weit sein?Ursel Sickendiek: Wenns Mitte bis Ende 2006 wäre, das wäre schön. Es dauert bei allen vergleichbaren Projekten lange. Es ist nicht einfach, in einer Gruppe Entscheidungen zu fällen, die von allen getragen werden. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen, selbst unterschiedliche Eile, ins eigene Haus einzuziehen. Dann gibt es natürlich noch Bedingungen von außen, die die Planung verzögern oder beschleunigen.
Sie suchen noch Mitstreiter für Ihr Projekt. Wen treffen Interessierte in Ihrer Gruppe? Sind Praktiker dabei?Ursel Sickendiek: Vielleicht sollten wir in der Richtung mal suchen. Wir sind schon eine Pädagogen-lastige Gruppe.
Annedore Hof: Bei den neuen Interessenten weiß ich noch gar nicht, was sie beruflich machen. Bisher ist kein Klempner dabei. Auch kein Schreiner. Dabei wäre es sehr schön, wenn auch Menschen dabei wären, die nicht nur mit dem Kopf arbeiten oder gearbeitet haben, sondern auch mit den Händen.
Andreas Schüssler: Vielleicht schreckt es ein bisschen ab, dass man für die lange Vorlaufphase Geduld braucht und eine gewisse Leidensfähigkeit. Die hat man vielleicht nicht so, wenn man nicht beruflich schon mit Gruppen, ihrer Dynamik und diesen Entscheidungs-Prozessen zu tun hatte.
Annedore Hof: Dabei sind wir doch gar nicht so verkopft. Projekte dieser Art sind für die ganze Gesellschaft wichtig. Bei der demografischen Entwicklung und bei den Veränderung in der Ökonomie müssen wir einfach Alternativen zum herkömmlichen Wohnen finden. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass wir den politischen Auftrag haben, andere über unser Modellprojekt zu informieren.
Ursel Sickendiek: Für mich ist die Tatsache besonders wichtig, das wir eine Genossenschaft gegründet haben. Auf diese Weise ist die »Stattvilla« Gemeinschaftseigentum. Wenn wir beispielsweise Erbpacht vereinbaren, muss das Haus 99 Jahre lang für die gemeinsamen Zwecke verwendet werden. Da kann nicht einfach jemand nach 20 Jahren das Objekt kaufen und gewinnbringend verscherbeln. Vielen von uns ist wichtig, die paar Kröten, die wir so gespart haben, so zu investieren, statt sie auf Sparkonten oder in Aktien anzulegen, bei denen man nicht weiß, was mit dem Geld passiert.