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Eine mutige Entscheidung (09.02.2005)



Ein Kommentar von Manfred Horn

Schon über 108.000 Euro sind auf dem Spendenkonto der Stadt Bielefeld eingegangen, eine stolze Stumme, die große Anteilnahme zeigt. Kurz nach der Flutkatastrophe fasste der Oberbürgermeister zusammen mit den Parteien im Rat den Entschluss, das zu erwartende Geld einem Wiederaufbau-Projekt in der Region Mullaittivu zu spenden.

Inzwischen gibt es in Bielefeld einen runden Tisch, an dem Parteien, Unternehmen und Vereine sitzen. Als Partner haben sie sich die Welthungerhilfe ›ins Boot geholt‹, angesichts der Flut eine durchaus passende Metapher. Die konnte bis heute allerdings noch kein konkretes Projekt in der Region benennen, zu unübersichtlich ist die Lage im Nord-Osten Sri Lankas.

Die Entscheidung der Stadt für eine Partnerschaft mit Mullaittivu ist mutig und lobenswert. Es wäre um ein vielfaches leichter gewesen, sich eine Partnerregion zu suchen, die befriedet ist. Mullaittivu aber ist seit 25 Jahren Bürgerkriegsgebiet. Der Konflikt wird seit drei Jahren durch einen wackligen Waffenstillstand zwischen den tamilischen Rebellen und der Regierung Sri Lankas mehr schlecht als recht zugedeckt, ist aber bis heute nicht gelöst.

Es gab Stimmen, die in den Folgen der Flut auf ein Näherkommen zwischen tamilischen Seperatisten und singhalesischen Extremisten hofften. Doch diese Stimmen waren von Anfang an von naiver Romantik getragen: Zu tief und zu ungelöst ist der Konflikt, als dass ihn eine Flutwelle und folgende internationale Hilfe aus der Bahn werfen könnte.

In welchem Dorf auch immer das Partnerschaftsprojekt Bielefelds entsteht, es wird mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein. Auf der einen Seite steht die sri-lankische Regierung, seit Jahrzehnten darin geübt, die tamilische Bevölkerung zu unterdrückten. Sie droht mit ihrem Militär jederzeit wieder in die tamilischen Gebiete einzufallen.

Auf der anderen Seite stehen tamilische Organisationen, allem voran die LTTE. Sie regiert den Nordosten der Insel. Unter solchen Bedingungen ist es extrem schwierig, ein Projekt zu starten. Gelingt das Projekt aber, hat es einen großen praktischen Wert und trägt zur Normalisierung des Lebens bei. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die soziale, rechtliche und militärische Unterdrückung der Regierung, die lokale Herrschaft einer Guerillaorganisation – sie wird damit nicht zu beenden sein. Um so mehr Engagement und Unterstützung braucht die Initiative der Stadt, um zu gelingen. Und sie braucht auch eine Menge Sachverstand, wie man sich in solchen Konflikten bewegt.

Durch die Flut ist die Dritte Welt für einen Moment herangerückt. Es folgte eine ungeahnte der Solidarität mit den betroffenen Menschen. Dies ist ein weiterer Aspekt: Die Hoffnung, dass viele Menschen hier nun sensibler mit Armut und Elend, das in vielen Teilen der Welt herrscht, umgehen.

Es gibt viele Krisenregionen, und in vielen kann mit einfachen Mitteln geholfen werden. So unterhält beispielsweise das Welthaus Bielefeld eine Vielzahl von Projekten weltweit. Diese und weitere Projekte brauchen ebenfalls dringend Geld, um weiterentwickelt zu werden. Solche Initiativen von Nichtregierungsorganisationen sind wichtig und für die Menschen dort überlebensnotwendig, weil sich an den globalen Koordinaten der Verteilung von Reichtum nach wie vor nichts geändert hat. Immer noch findet sich die staatliche Entwicklungshilfe auch mit einer rot-grünen Regierung auf einem skandalös niedrigen Niveau.