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Inquisitorische Fragebögen und verwanzte Tickets (26.01.2005)






Fußball-WM 2006. Die Fans unter Generalverdacht. Mittels tiefgreifender Fragebögen und RFID-Tickets wollen die Organisation der WM Gewalt aus den Stadien fernhalten und nebenbei noch interessante Daten gewinnen. Der Bielefelder FoeBuD fordert die Fußball-Fans auf, beides zu verhindern



Von Manfred Horn

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 rückt näher. Ab Februar sollen die Tickets per Internet bestellt werden können. Schon jetzt ist klar: Für den gewöhnlichen Fan werden es viel zu wenige sein, nur ein Drittel der Karten kommt überhaupt in den freien Verkauf. In etwa genauso viel, wie bei Ehrengästen, Medien und Sponsoren kostenlos landet. Die Sponsoren erhalten nicht nur viele Karten, sondern werden nun auch des Missbrauchs angeklagt: »Die WM wird von Sponsoren und Überwachungs-Industrie missbraucht, um Schnüffel-Technik einzuführen und die Fans auszuspionieren «, kritisiert Rena Tangens vom FoeBuD e.V. aus Bielefeld.

Wer sich ein Spiel der Fußball-WM in Deutschland 2006 ansehen will, muss sich vorher komplett durchleuchten lassen. Erst werden per Fragebogen Personenprofile erstellt, die dann per RFID-Chip im Ticket mit Bewegungs-Profilen verknüpft werden können. Dies treffe nicht nur die, die wirklich in die Stadien kommen, sondern sogar schon die, die ab 1. Februar die Tickets im Internet beantragen und bei der Ticket-Vergabe später leer ausgingen, erläutert Tangens.

Nicht nur zwischen Fans und Mannschaften soll ein Funke überspringen – bei der Fußball-WM 2006 funkt auch jedes einzelne Ticket. Kleine RFID-Chips (Radio Frequency IDentification) sollen die Sicherheit bei der WM erhöhen. »Schnüffelchips verhindern kein Gerangel, keine Attentate, keine Schlägereien oder Wutausbrüche«, hält FoeBuD-Vorstand padeluun dagegen. "Im Gegenteil werde die Illusion vermittelt, Überwachung sei das gleiche wie Sicherheit.

Bei der Beantragung der Tickets, die laut DFB ab 1. Februar möglich sein soll, muss zunächst ein Fragebogen ausgefüllt werden. Schon in diesem Fragebogen müssen viele persönliche Daten bekannt geben, beispielsweise Geburtsdatum, Pass- oder Personalausweis-Nummer, Telefon- und Faxnummer., E-Mail, Bank- oder Kreditkarten-Daten, sowie die Leidenschaft für einen bestimmten Verein.

Diese Daten würden nicht nur dem Ticket-Verkauf dienen, sondern auch den Sponsoren und an der WM beteiligten Ländern zur Verfügung gestellt, sagt der FoeBuD: »Wieso soll Sponsor Philips erfahren, welchem Verein mein Herz gehört? Und was berechtigt mich, die Daten meines Freundes, für den ich ein Ticket mit ordere, preis zu geben?« kritisiert padeluun.

Begründet wird dieses Vorgehen vor allem mit Sicherheitsaspekten. So sollen gewaltbereite Holligans erst gar nicht zu den Stadien gelangen. »Fans sollten vom DFB fordern, dass dieses Verfahren geändert und der Fragebogen auf die Bestell-Adresse reduziert wird«, sagt Tangens, »bis dahin sollten sie die WM aus Sicherheitsgründen boykottieren«.

Aber auch die endgültigen Tickets haben es in sich, sie sollen nach Informationen des FoeBuD die umstrittenen RFID-Chips enthalten. Diese Chips sind auch heimlich per Funk auslesbar: Fans würden gar nicht merken, dass sie kontrolliert werden. Mittels dieser Technik sind Bewegungsprofile möglich. Lesegeräte können nicht nur am Eingang, sondern auch am Tor zu jedem Block, am Fan-Shop und an den Toiletten angebracht werden. »So sehr ich Verständnis dafür habe, dass man Fußball-Rowdies rechtzeitig abwehren und erkennen möchte, hier sieht man ganz genau, wohin diese Technologie führt, nämlich zur Überwachung von Menschen, sagt Rena Tangens.