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»Das Herz und die Brötchen« (06.10.2004)






Seit rund 15 Jahren unterstützt Renate Gebhardt vom Beruflichen Weiterbildungsverbund Bielefeld BWB e.V. Ratsuchende bei der Entwicklung beruflicher Perspektiven: Sie informiert, motiviert und findet Brüche in der Karriere »heutzutage völlig normal«.

Interview: Aiga Kornemann


Was sind Ihrer Einschätzung nach die wichtigsten Eigenschaften, die man heute braucht, um beruflich weiterzukommen?

Da ist zunächst wirklich die Bereitschaft zur Weiterbildung. Mit dem Interesse an der eigenen Weiterbildung im weitesten Sinne bleiben die grauen Zellen aktiv, man guckt über den Tellerrand und fördert die eigene Flexibilität. Und die ermöglicht es mir im Beratungsgespräch, Wege zu finden, wenn es mal nicht weiter geht, wenn Zeitverträge auslaufen, Ausbildungen enden, die eigene Stelle gestrichen wird. Es wird bald völlig normal sein, immer mal wieder eine Weile arbeitslos zu sein und sich neu orientieren zu müssen. Mit dem Interesse an der eigenen Fortbildung wächst die Fähigkeit, diese Wechsel auch durchzustehen, motiviert zu bleiben und immer wieder etwas Neues zu finden, das zu einem passt.

Außerdem ist Kommunikationsfähigkeit ganz wichtig geworden. Menschen, die sehr verschlossen sind, haben es schwer in dieser Gesellschaft. Heute muss man sagen, was man will und zeigen, was man kann. Diese Kommunikationsbereitschaft zu wecken und Stärken herauszuarbeiten ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Besonders für Frauen ist es immer noch wichtig zu lernen, Netze zu knüpfen, sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich finde das Wort »Klüngeln« für »Netze knüpfen« sehr schön, auch wenn ich eine Weile brauchte um zu lernen, dass Klüngeln etwas Positives sein kann. Schließlich komme ich aus Berlin und kannte ebenso wie die meisten Ostwestfalen-LipperInnen nicht diese Version von Klüngeln.


Wird in Schule und Ausbildung vermittelt, dass Brüche in der Erwerbsbiografie dazu gehören?

Die Notwendigkeit, sich immer wieder neu zu positionieren, wird von Schulen und AusbilderInnen immerhin schon thematisiert. Es gibt Vorzeigeprojekte, aber es ist noch nicht so weit, dass sich jeder der Normalität dieser Wechsel bewusst ist. Den Menschen, die mit dem Wunsch nach einer unbefristeten Anstellung zu mir kommen, muss ich dann schon mal sagen, dass sie möglicherweise nur eine befristete Stelle haben werden. Aber auch das kann schon eine gute Möglichkeit sein. Interessanterweise sind Karrierebrüche für Männer besonders schwer zu ertragen. Frauen sind halt Vorreiterinnen in Sachen Flexibilität, denn sie haben durch die Familienzeiten von jeher gebrochene Erwerbsbiografien. Ihnen fällt es leichter zu akzeptieren, dass sie sich neu orientieren und auch wieder was dazulernen müssen.