Denn Synergie kann auch heißen, dass Stellen abgebaut und Löhne verringert werden. Diese Befürchtungen äußert Ludger Menebröcker, Gilead-Mitarbeitervertreter. Die Beschäftigten des Johanneskrankenhauses erhalten acht bis zehn Prozent weniger Lohn als die Beschäftigten in Gilead und Mara, die nach BAT-KF, die kirchliche Variante des Bundesangestelltentarifs, bezahlt werden. Nun befürchtet Menebröcker, die Fusionierten könnten zukünftig alle nach AVR (Arbeitsvertrag-Richtlinie) bezahlt werden, dem gültigen, deutlich niedrigeren Tarif der MitarbeiterInnen des Johanneskrankenhauses.
Die Mitarbeitervertretung will in den kommenden Wochen diese Entwicklung verhindern, große Einflussmöglichkeiten hat sie aber nicht: Die AVR wird in einer zentralen Kommission in Stuttgart festgelegt, praktisch unter Ausschluss der Beschäftigten. Denn die kirchlichen Träger profitieren bis heute von einer Sonderregelung, die sie aus dem allgemeinen Tarifrecht herausnimmt: Beim sogenannten Dritten Weg bleiben die Gewerkschaften draußen vor der Tür, die Beschäftigtenvertreter in Kommissionen sind in der Minderheit. So werden die Vorstände alleine darüber entscheiden, welcher Tarif zukünftig gezahlt wird und ob, wie in Bethel in den vergangenen Wochen vom Vorstand bereits diskutiert, weitere Einschnitte erfolgen: Indem die Wochenarbeitszeit, die zur Zeit bei 38,5 Stunden liegt, verlängert oder Urlaubsgeld gekürzt wird.
Ein Jahr BestandsschutzBereits heute Beschäftigte hätten zwar ein Jahr Bestandsschutz: Die knapp 3.000 in die Fusion eingebrachten MitarbeiterInnen aus Gilead und Mara würden also noch mindestens bis Ende 2005 zu den gleichen Bedingungen weiter beschäftigt werden müssen. Danach aber würden die neuen Bedingungen greifen. Hinzukommt, dass nach dem 1. Januar 2004 neu Eingestellte sofort nach dem abgesenkten Tarif beschäftigt würden. Bis Ende November wollen sich die Vorstände von Bethel und Johanneswerk zu der Tariffrage äußern.
Mehr Einfluß rechnen sich die Mitarbeitervertretungen im Bereich des Beschäftigungsschutzes aus. Die Vertretungen in allen drei Krankenhäusern wollen erreichen, dass es nicht zu Entlassungen kommt, unumgängliche Personalanpassungen sollen fair und sozial verlaufen. Hier beginnen nun die Verhandlungen zwischen den Vertretungen und den Geschäftsführern. »Wir streben einen Schutz deutlich über 2005 hinausgehend an«, erklärt Menebröcker. Die Geschäftsführungen der Krankenhäuser halten sich bisher bedeckt, von bis zu fünf Prozent Stellenabbau, also rund 200 Beschäftigten, ist aber die Rede.
Noch sei die Stimmung unter den MitarbeiterInnen relativ entspannt, berichtet Menebröcker. Doch mit jedem Tag, an dem es neue Gerüchte und diffuse Stellungnahmen der Geschäftsführungen gibt, wächst die Unruhe. Die Mitarbeitervertretungen wollen weiterhin informieren, möglichst auf gemeinsamen Mitarbeiterversammlungen des zukünftigen Großkrankenhauses. Doch dafür fehlt das Okay der Geschäftsführungen. »Wir wollen damit sicherstellen, dass alle Mitarbeiter den gleichen Informationsstand haben«, sagt Menebröcker, »doch zur Zeit warten wir seit drei Wochen auf eine Antwort der Geschäftsführung, ob wir diese Versammlungen durchführen können«.
Auch wollen die Mitarbeitervertretungen, die zum 1. Januar ebenfalls zu einer Mitarbeitervertretung fusionieren, im Aufsichtsrat des fusionierten Krankenhauses sitzen. »Nur mit Beteiligung der Mitarbeitenden im Aufsichtsgremium des größten Bielefelder Arbeitsgebers können die zu erwartenden weiteren Veränderungen im Gesundheitswesen gemeinsam und fair bewältigt werden«, erklärt Jens Ortmann, Mitarbeitervertreter des Johanneswerks. Dies wird bisher abgelehnt, gesetzlich sind die Vorstände nicht dazu gezwungen, Beschäftigte in den Aufsichtsrat miteinzubeziehen.