Die Bielefelder Gesellschaft für Organisation und Entscheidung (GOE) untersuchte im Auftrag der evangelischen Obdachlosenhilfe die Situation der Obdachlosen in Deutschland. Deren Situation wird zunehmend schlechterVon Manfred HornFür die Studie »Problemlagen der Hilfesuchenden in der Wohnungslosenhilfe« befragte die GOE zwischen August 2002 und Juli 2003 bundesweit 150 Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Die Befragungen führten die SozialarbeiterInnen vor Ort durch. Ingesamt wurden so über 1700 Obdachlose befragt, davon knapp ein Viertel Frauen.
Bisher wurde erst bei circa einem Drittel der Daten eine Auswertung durchgeführt. Doch gibt der Bericht einen mehr als vorläufigen Einblick in die Lebenssituation der circa 400.000 obdachlosen Menschen in Deutschland. Nach der GOE-Studie sind die Obdachlosen im Schnitt knapp 40 Jahre alt, ein Viertel unter 28 Jahren. Ein Vergleich mit anderen Studien zeigt, dass die Wohnungslosen kontinuierlich jünger werden.
Gut zehn Prozent der Hilfesuchenden sind MigrantInnen der ersten Generation, das heißt sie selbst sind nach Deutschland eingewandert. Weitere 3,1 Prozent kommen aus Familien, die in der vorigen Generation nach Deutschland eingewandert sind. Der MigrantInnenanteil in der BRD im Jahr 2002 waren es 8,9 Prozent spiegelt sich somit inzwischen auch in der Wohnungslosenhilfe wider.
Mehr als die Hälfte der Personen fragten im Untersuchungszeitraum zum ersten Mal die Angebote der Wohnungslosenhilfe nach. Mehr als ein Drittel fragten in dem untersuchten Jahr mehrmals nach Hilfe. »Das bedeutet, dass die Problemlagen der Erstauftritte möglicherweise komplexer waren als zunächst angenommen. Andererseits kann es darauf hin deuten, dass die Qualität der Hilfe nicht ausreichend und nachhaltig genug war«, schreibt die GOE.
Obdachlose erleiden in der Mehrzahl einen Wohnungsverlust aus individuellen Gründen: Streit, Trennung, Scheidung, soziale Entwurzelung durch Ortswechsel. Gefragt nach der überwiegenden Wohnsituation in der Woche vor Hilfebeginn zeigen sich drei häufige Antworten: Ein Viertel der Personen wohnte bei der PartnerIn, FreundIn oder Bekannten, knapp 20 Prozent haben »Platte gemacht«, auf der Straße oder in einem Zelt gelebt, 16,1 Prozent hatten eine eigene Wohnung mit Mietvertrag.
Aber auch Probleme im Einkommens- und Arbeitsbereich macht die Studie aus, manchmal sind die Mieten schlicht zu hoch. 44,4 Prozent der Befragten verfügen über kein regelmäßiges monatliches Einkommen. Fast 60 Prozent der Hilfesuchenden muss mit 310 Euro oder weniger monatlich auskommen. »Angesichts des dichten materiellen Sicherungssystems in der BRD einschließlich des Anspruchs auf Sozialhilfe erstaunt der hohe Prozentsatz von Personen ohne regelmäßiges Einkommen«, schreibt die GOE in ihrem Bericht. Nahezu alle Hilfesuchenden sind arbeitslos, mit einem auffällig hohen Anteil derjenigen, die nicht arbeitslos gemeldet sind. Dies bedeutet , dass die Betroffenen auch keinen Zugang zu den Leistungen der Arbeitsämter
haben.
Mehr als ein Drittel der befragten Personen sind nicht gesund, dauerhaft oder akut erkrankt. Aber nur ein Viertel der Hilfesuchenden sind derzeit in ärztlicher Behandlung.Die Gesundheitsversorgung, so stellen Verbände unabhängig von der GOE-Studie fest, verschlechert sich weiter, seitdem die Praxisgebühr von zehn Euro eingeführt worden ist. Im Rahmen der Studie wurden die Obdachlosen auch nach Suchtkrankheiten gefragt: Knapp ein Drittel geben an, Alkoholiker zu sein, 8,1 Prozent konsumieren andere Drogen.
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