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Politische Vorgabe gegen Flüchtlinge (23.06.2004)
Kontroverse Positionen: Uwe Holthausen (Bundesamt), Barbara Eßer (Flüchtlingsrat) und die Ärztin Angelika Claußen
Seit zwei Jahren leitet das Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zunehmend Widerrufsverfahren ein. Die Folge: Flüchtlinge können ihren Status und Sozialleistungen verlieren, Abschiebung droht.
Von Manfred Horn
Endlich mal ein Praktiker, der sich stellt: Bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Auslänerbeirats, des Flüchtlingsrats und des Sozialpfarramts am vergangen Mittwoch erklärte Uwe Holthausen, Vertreter des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in der Zentralen Ausländer-Behörde (ZAB) Bielefeld, wie Entscheidungen für oder gegen den Verbleib in Deutschland getroffen werden.
Insbesondere ging es bei der Veranstaltung um das Widerrufsverfahren. Seit zwei Jahren leitet das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in zunehmender Zahl Widerrufsverfahren ein. Eigentlich kein neues Phänomen, wie Holger Hoffmann, Rechtsanwalt und Mitglied der Rechtsberaterkonferenz des UNHCR, an einem Beispiel erklärte.
Anfang der 1990er Jahre änderte sich die politische Lage in Polen. Diejenigen, die in den 80er Jahren verfolgt wurden, kamen nun selbst an die Macht. Die Solidarnoscz-Bewegung hatte gesiegt, Lech Walsea wurde Präsident. In der Folge wurde der Status der Flüchtlinge aus Polen überprüft und das Bundesamt leitete breit Widerrufsverfahren ein. Der Flüchtlingsstatus wurden den hier lebenden polnischen Menschen aberkannt. »Sie mussten ihren blauen Flüchtlingspass gegen einen blauen polnischen Ausweis austauschen«, erzählt Hoffmann. Dort bekamen sie aber einfach einen Stempel hinein, der ihnen eine unbefristete Aufenhaltserlaubnis garantierte.
Heute stehen vorallem Flüchtlinge aus dem ehemaligen Yugoslawien, Afghanistan und Irak im Fokus des Bundesamtes. Dieses Amt ist zuständig für die Durchführung des Widerrufverfahrens, das zur Folge haben kann, dass Flüchtlinge Sozialleistungen wie Wohngeld und Kindergeld und ihren Aufenthaltsstatus verlieren. »Bei uns ist Arbeitspotential freigeworden«, erklärt Holthausen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Asylbewerber in Deutschland nämlich deutlich zurückgegangen. Das riecht nach Willkür. Hoffmann aber nimmt das Bundesamt in Schutz: Das Amt sei oft überfordert, letztlich abhängig von politischen Vorgaben. So ist es die rot-grüne Bundesregierung und besonders der Innenminister, der den Flüchtlingen das Leben schwer macht. »Wie kann man die Zahl der Flüchtlinge reduzieren«, laute die Frage der Regierenden, sagt Volker Maria Hügel von Proasyl. »Schily hat sich vor diesen Karren spannen lassen. Da zählen nur noch ökonomische Erwägungen, nicht mehr der Mensch«.
Der Verlust des Flüchtlingsstatuses bedeutet nicht automatisch eine Abschiebung, aber die Flüchtlinge sind massiv verunsichert. Denn alleine die Möglichkeit, dass sie abgeschoben werden könnten, stürzt viele von ihnen in Panik. »Da wird mit Menschen gespielt«, sagt Hoffmann. Angelika Claußen, Fachärztin mit spezieller Erfahrung inTraumatherapie, kennt die Geschichten. Sie arbeitet mit Flüchtlingen, deren Flüchtlingsstatus aberkannt werden soll oder die erst gar keinen bekommen, nur geduldet werden. »In unserer Rechtssprechung ist Folter kein eigenständiger Grund für Asyl«, erklärt Claußen. Dies hat sich 1993 bei der Änderung der Asylgesetze und der Zurücknahme des Artikels 16 des Grundgesetzes ergeben. Claußen arbeitet nicht nur therapeutisch mit den Flüchtlingen, sondern schreibt auch Gutachten in Asylverfahren. Oft genug werden die jedoch von den Gerichten mißachtet und als Gefälligkeitsgutachten eingestuft.
Politische Vorgabe gegen Flüchtlinge (Teil 2)
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