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Wer bestimmt das Selbst beim Sterben? (Teil2)



Wo die Kosten steigen und der Staat nicht mehr weiß, wie er zukünftig die Alten finanziell versorgen soll, liegen Überlegungen nahe, die Spanne des Altseins als Zeitraum des Empfangs finanzieller Mittel vom Staat zu reduzieren: Zum einen wird das Renteneintrittsalter erhöht, zum anderen scheint überlegenswert, dass das Leben eines Einzelnen nicht um jeden Preis maximal lang sein muss. Die Kluft zwischen dem, was heute medizinisch möglich ist und dem, was die gesetzlichen Krankenkassen noch bezahlen können, wird zunehmend größer. Diese kalte Rationalität als treibendes Moment ist auf staatlicher Ebene auch in der Debatte um die Sterbehilfe nicht zu unterschätzen.


DGHS: Sterbehilfe dringendes Bedürfnis

Die ›Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben‹ (DGHS) befürwortet Sterbehilfe vehement. Zu der Initiative des Bundestagsabgeordneten Stöckel urteilte die Gesellschaft: »Endlich und begrüßenswerter Weise hat sich eine Gruppe der demokratisch legitimierten Vertretern der Bürgerschaft eines dringenden Bedürfnisses der von ihr zu Vertretenen angenommen: nämlich der vielfältig belegten mehrheitlichen Forderung, das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende ungeachtet der permanenten ideologischen Entmündigungsversuche und gegenüber Schönredereien zu erhalten und abzusichern«. Die Gesetzesinitiative sei ein Schritt in die richtige Richtung, eine juristische Regelung der Sterbehilfe ein »weit verbreitetes Bedürfnis der Bevölkerung«.

Die DGHS mit nach eigenen Angaben knapp 40 000 Mitgliedern setzt sich bereits seit 1980 für das Recht auf ein »selbstbestimmtes Sterben« ein. Sie versteht sich als Bürgerrechtsbewegung. Inzwischen versucht sie sich ein sauberes Image zu geben, selbst die Internetseiten des ZDF verlinken auf die DGHS. Die DGHS jedoch hat eine zwielichtige Geschichte. In einem 1982 veröffentlichten Artikel von Daniel Meynen in der DGHS-Zeitschrift hieß es: »Pflicht zur Selbsttötung bestünde dann, wenn durch mein Fortleben Unselbstständigkeit, Elend, Isolation, Uniformität, Unfruchtbarkeit, Unheilbarkeit, Lähmung, Schmerz, Unempfindlichkeit, Schande, Wahn, Sünde zum Maßstab der Menschlichkeit erhoben zu werden drohte und mein Suizid die einzige mir zugängliche Möglichkeit darstellte, dies zu verhindern«. Sie verschickte auch sogenannte »Freitodanleitungen« an die Mitglieder.


Zyankali oder Erstickungstüten zum Selbsttöten

Der ehemalige DGHS-Vorsitzende Hans Atrott lieferte dem Arzt Julius Hackethal 1984 das Zyankali, mit dem der einen Krebspatienten in den vom ihm gewünschten Tod schickte. Einer der ersten Fälle von Sterbehilfe in der Bundesrepublik, der breit durch die Medien ging. In den folgenden Jahren verkaufte Atrott weiter illegal Zyankali, bis er 1994 vom Augsburger Landgericht wegen dieses Verkauf und Steuerhinterziehung aus den Verkaufsgewinnen verurteilt wurde. Ende der 1990er Jahre wurde ein weiterer Mitarbeiter der DGHS verhaftet und schließlich zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte als Neffe getarnt eine pflegebedürftige Faru aus dem Pflegeheim geholt und ihr einen sogenannten Exit-Beutel, ein Erstickungsbeutel, übergeben und dafür rund 2.000 Euro kassiert. Der Plastikbeutel war zuvor in verschiedenen Ausgaben der DGHS-Mitgliederzeitung angeboten worden.

Die Methode der Sterbehilfe-Befürworter ist immer die gleiche: Sie zerren einzelne Fälle an das Licht der Öffentlichkeit. Dort werden Menschen dargestellt, die unbedingt sterben wollen, weil sie die Schmerzen nicht mehr ertragen. Daraus leiten die Befürworter ab, dass alle Menschen das Recht haben müssen, den Todeszeitpunkt selbst zu bestimmen. Die DGHS beispielsweise setzt sogar noch eins obendrauf: Diese Selbstbestimmung sei sogar der Wunsch der Bevölkerungsmehrheit.