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Die vergessenen Flüchtlinge




Die Zustände in den Roma-Flüchtlingslagern im Kosovo sind schlecht (Bild links). Im Sommer protestierten Roma aus Serbien gegen ihre drohende Abschiebung (Bild rechts)



In Bielefeld leben 450 Roma aus dem Kosovo. Der überwiegende Teil von ihnen ist vor 1999 vor der Gewalt der serbischen Militärs geflohen, die anderen nach 1999 vor dem Terror der albanischen Mehrheit. Sie leben mit kurzfristigen Duldungen und der Angst, in ein Land abgeschoben zu werden, in dem sie Gewalt und Hunger erwarten.


Von Manfred Horn

Die bekannte Schriftstellerin Christa Wolf wendete sich vorige Woche an die Öffentlichkeit: »Dies alles geschieht einer Volksgruppe, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland erbarmungslos verfolgt wurde und von der mehr als 500.000 Menschen ermordet wurden. Sollte uns das nicht dazu bewegen, genauer: verpflichten, sie besonders einfühlsam zu behandeln und uns ihren Anliegen zu öffnen?« Im August unterzeichneten über 100 bekannte Persönlichkeiten, unter ihnen Günter Wallraff und die Toten Hosen, einen Appell für ein humanitäres Bleiberecht der Roma. Dennoch bleibt die Situation von Roma-Flüchtlingen in Deutschland prekär.

Die meisten der Roma sind während des Bürgerkriegs um Ex-Jugoslawien geflohen, da sie in Serbien, Bosnien und Kosovo massiv und brutal verfolgt wurden und leben bereits seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie selbst bezeichnen sich ethnisch unterschiedlich als Roma, Ashkali und Ägypter. Zur Zeit leben 120.000 geduldete Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Deutschland, davon 100.000 aus dem heutigen Jugoslawien, zudem Serbien, Montenegro und das unter internationaler Verwaltung stehende Kosovo zählen.

Den Roma aus Serbien und Bosnien droht inzwischen die Abschiebung. Am 6. Juni beschloss die Bundesinnenminister-Konferenz, mehr als 50.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, 80 Prozent davon Roma, abzuschieben. Pro Monat sollten etwa 70 bis 80 Personen abgeschoben werden. Laut Informationen der Roma-Organisation Centre of Integration, Affirmation and Emanzipation (CoIAE) waren es in den Folgemonaten bereits doppelt so viele. Ausgenommen von der Abschiebung sind derzeit noch die Roma-Flüchtlinge aus dem Kosovo. Hier erließen die Innenminister de facto einen vorläufigen Abschiebestopp, den sie aber nicht so nennen. Vielmehr sagen sie, es gäbe »tatsächliche Abschiebehindernisse«, die auf Berichte vor Ort zurückgehen. Die UN-Verwaltung und auch die NATO sagen, sie können derzeit die Sicherheit der Roma aus dem Kosovo nicht garantieren. Darauf berufen sich die Innenminister. Würden sie einen Abschiebestopp wiederholt verfügen, würden sie eine »Kettenduldung« aussprechen, die dann in ein dauerhaften Aufenthaltsrecht münden würde.