Gegenwärtig gibt es in der Bundesrepublik 12 lokale Initiativen, die Beginenhöfe wollen. In Bremen und Tännich bei Erfurt wurden zwei Beginenhöfe bereits realisiert. Die Bielefelder Initiative ist jetzt schon drei Jahre alt und steht kurz davor, ein erstes Haus als Beginenhof benennen zu können. Dazu haben sich 32 Frauen in dem Verein organisiert, weitere 30 Frauen zeigen Interesse. »Die wollen wir nach und nach in den Verein integrieren«, sagt Projektkoordinatorin Martina Buhl. Das Interesse sei so groß, dass sogar mehrere Beginenhöfe in Bielefeld vorstellbar seien. Hinzukomme, dass die Frauen auch unterschiedliche Wünsche haben: Einige wollen lieber in der Stadt, andere im grünen Außenbereich wohnen.
Geplant sind altersgemischte Häuser, in denen Frauen und Kinder leben können. Männer sind als Besuch willkommen, erhalten aber keinen Mietvertrag. Die älteren Beginenfrauen suchen eine Wohnalternative fürs Alter. Bis heute führt der klassische Weg ins Altersheim. »Isolation lässt Menschen schneller altern«, sagt Buhl. Gemeinsam ist den 26 bis 69-jährigen Frauen des Bielefelder Vereins, dass sie das alleine wohnen satt haben, wie Buhl sagt. Im Beginenhof kann eben nicht nur gewohnt, sondern sozial organisiert gelebt werden. Jede Mieterin hat ihre eigene Wohnung, deren Zuschnitt sie bei der Planung mitbestimmen kann. Die Hälfte der Wohnungen soll sozialer Wohnungsbaus sein, also mit einem Wohnberechtigungsschein bewohnbar. Frau kann jedoch gleichzeitig die Gemeinschaftsräume mit anderen nutzen, um zu feiern oder ganz wie gewünscht zu meditieren. In Hobbyräumen kann gebastelt werden. Auch Gewerbe soll sich ansiedeln, eine Interessentin für eine psychotherapeutische Praxis im Erdgeschoss des zukünftigen Beginenhofes gibt es bereits. Die Frauen, die dann in 25 bis 30 Wohneinheiten zusammenleben, bilden dann eine Art Wahlfamilie.
Anfangs suchte der Verein sanierungsfähige Altbauten, scheiterte jedoch mangels Eigenkapital. Die Vereinsfrauen haben alle nicht viel Geld. Inzwischen sind die Frauen dazu übergegangen, einen Bauträger für einen Neubau zu suchen. Dort würde sich der Verein quasi als Generalmieter dauerhaft einmieten. Die Bielefelder Bauträger hätten auch großes Interesse gezeigt, schließlich könnte ein Beginenhof auch für den Bauträger ein Aushängeschild für innovatives Wohnen werden. Bielefelds Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten dramatisch altern, spätestens dann werden solche altersgemischten, sozial organisierten Wohn- und Lebensform eine große Bedeutung bekommen. Zur Zeit verhandelt der Verein konkret um zwei Grundstücke, eines davon in städtischem Eigentum. Investoren dafür sind bereits gefunden. Jetzt müssen noch viele planerische und politische Einzelheiten geklärt werden, bevor der Standort feststeht und auch öffentlich wird. Der Verein ist aber zuversichtlich, die Unterstützung durch die Stadt sei gut.
Wichtig ist dem Verein, dass der Beginenhof kein Ghetto wird. Man will explizit den Kontakt zum Stadtteil: Frauencafé, Seminare und Übermittagsbetreuung von Schulkindern, Ideen gibt es viele. Man wolle anderen Menschen etwas geben und gleichzeitig für die eigene Idee werben.
Ein geschlechtsgemischtes Projekt ist die »Stattvilla«. Auch hier ist Altersgemischtheit Programm, wie Ursel Sickendiek, Mitstreiterin des Projekts erklärt. Man hat inzwischen einen Verein zur Gründung einer Genossenschaft ins Leben gerufen. Damit ist auch klar: Das Wohnprojekt soll möglichst eine Genossenschaft werden, die ein Grundstück beziehungsweise Haus kauft. Die Mitglieder und MitbewohnerInnen werden GenossInnen mit Anteilen, die sie einzahlen. Allerdings könne jederzeit auch wieder ausgestiegen werden, sagt Sickendiek. Und: auch eine Mieterform ist für einige denkbar. Diese MitwohnerInnen würden dann keinen Anteil übernehmen, nicht Eigentum erwerben, sondern Miete zahlen.