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Benefiz für Kinder auf Jamaica (Teil 2)



Vieles, was ich in meinem Leben als Norm gesehen habe, ist keine Norm in Deutschland. Hier in Deutschland wäre so etwas ein Grund einzugreifen, aber in Jamaica sagt man: Hey, das habe ich auch erlebt, was willst du. Und niemand ist so weit, an die Rechte von Kindern zu denken. Besonders ein Mitspracherecht haben sie nicht, das ist eine andere Welt. Kinder in Jamaica sind seit der Sklavenzeit etwas, was man sieht aber nicht hört. Das gilt nicht für jeden Haushalt. Aber mit solchen Sprichwörtern, weiß man schon, wo man ist.

Kinder werden also nicht als eigene Personen gesehen?

Wie gesagt, das ist abhängig vom Haushalt. Ich hatte dieses Gefühl als Kind nicht. Es hat etwas mit Milieu zu tun. Das Gute bei mir ist, ich hatte sehr reiche und sehr arme Großeltern. Im Sommer war ich bei den einen und Weihnachten bei den anderen. Ich hatte ein Leben zwischen Kaviar und Chicken-Back. Chicken-Back ist nur der Rücken von den Hühnern und das ist ein Leckerbissen auf Jamaica unter armen Leuten. Es ist wie von Hering bis Kabeljau. Es gibt auf Jamaica Kinder, die haben nur Hering gesehen und darum geht es in diesem Fall.

Wie kommt es jetzt zu diesem Benefizkonzert?

Ich lebe seit zehn Jahren in Deutschland und ich wäre schon längst abgeschoben, ausgewiesen oder irgendwo anders, wenn dieses Netzwerk in Bielefeld nicht existieren würde, das man Menschen nennt. Und man kann nicht mit einer Scheuklappe durch die Gegend laufen: Es gibt vieles, was ich in Deutschland kritisiere. Aber irgendwann frage ich mich: Welchen Hinterhof willst du aufräumen? Räumst du in Jamaica auf oder räumst du in Deutschland auf? Beides sind meine Hinterhöfe. Ich wohne eigentlich in Deutschland und gleichzeitig kann ich mich dem Thema Kinder, Kinderrechte nicht verschließen. Oder Missbrauch, ich meine damit Missbrauch in jeder Form. Alle diese Dinge habe ich Jamaica gesehen und es hat mich nicht losgelassen. Ich bin jetzt fast vierzig Jahre. Man kann 39 Jahre meckern aber irgendwann sagt man: Was soll ich jetzt tun. Ich bin jetzt in der nächsten Phase, es geht um die Tun-Phase, nicht mehr um Beobachten und Analysieren, das ist intelektuelle Scheiße. Ich will Tat und nicht Rat. Darum geht es jetzt.

Und warum jetzt gerade die Unterstützung für dieses Projekt?

Meine Babys sind eigentlich die Insassen der Todeszellen auf Jamaica. Diese Leute sind nicht alle schuldig und meine Babys sind die, die seit zwanzig Jahren da unschuldig sitzen. Wir hatten da einen Erfolg und das ist der Unterstützung aus Bielefeld zu verdanken. Da kommen wir zurück auf Netzwerke von Menschen: Das Geld für Donald Briscoe ist aus Bielefeld und ich kann nur stolz sagen: Bielefeld hat Donald Briscoe die Chance gegeben sich zu rehabilitieren. [Anm.:Briscoe saß 22 Jahre für einen angeblichen Mord an einem Parlamentsabgeordneten in der Todeszelle. Er war Funktionär der damals oppositionellen jamaikanischen PNP-Jugendorganisation.] Donald Briscoe ist mittlerweile seit eineinhalb Jahren raus, freigelassen vom Governor General von Jamaica durch internationalen Druck, nicht nur aus Bielefeld aber koordiniert von Bielefeld. Jetzt, wo ich so viel an dieser Front gemacht habe, muss ich die Zukunft angehen. Und die Zukunft sind nicht nur Rentenzahler, die Zukunft sind Kinder und die haben Rechte. Und das möchte ich durch meine Position hier in Bielefeld als ausländischer Künstler und mittlerweile auch als Teutoburger-Jung unterstützen. Ich denke im übrigen, es ist auch ein Zeichen von Integration, wenn man in seiner neuen Heimat etwas für seine ursprüngliche Heimat tun kann. Montego Bay hat eine Partnerstadt, Atlanta in den USA. Aber Montego Bay bekommt im Moment auch Unterstützung von einer anderen Schesterstadt und die heißt Bielefeld.

Info: Einlass für das Konzert am 27.9. ist um 20 Uhr, zu hören gibt es für 5 Euro neben Reggae auch viel Jazziges.