Das heißt für die Gegenwart und Zukunft, dass vor allem die gefördert werden, die sowieso besser vermittelbar sind, schlechter Vermittelbare wie Menschen mit Behinderungen oder Migranten gucken in die Röhre. Zudem werden für das Arbeitsamt »teure Arbeitslosengeldbezieher« bevorzugt. Und: Für sozialpädagogische Betreuung gibt es keine Zuschüsse mehr. Aus Sicht der Träger, so schreiben die Autoren, »fällt damit ein für sie zentrales Instrument weg, um die Erfolgsquoten aktiv beeinflussen und verbessern zu können«. Auch die Träger werden aus Eigeninteresse versucht sein – sie müssen eine 75-prozentige Vermittlung ins Arbeitsleben garantieren – nur solche Teilnehmer aufzunehmen, die Gewähr für eine möglichst problemlose Vermittlung bieten.
Bei allen Experten, die die Autoren der Studie befragten, herrschte der Eindruck vor, dass mit der Einführung der Bildungsgutscheine ein neues Verfahren implementiert wurde, das die bisherigen Planungs- und Steuerungssysteme außer Kraft setzt, ohne dafür eine funktionierende Alternative zu bieten. Ein wesentlicher Effekt sei »die Orientierungslosigkeit bei allen Akteuren: beim Arbeitsamt, bei den Betroffenen und bei den Trägern. Die Arbeitslosen werden mit ihren Bildungsgutscheinen einfach alleine gelassen«, zitieren die Autoren einen Experten. Ob durch die für 2004 in Kürze formulierten Bildungsziele, die für die Bildungsanbieter einen Korridor möglicher Bildungsmaßnahmen formulieren, mehr Licht ins Chaos kommt, bleibt abzuwarten.
Kritische Stimmen gab es in der Untersuchung im Dortmunder Raum auch darüber, dass es keinen echten freien Markt gebe. Alle wesentlichen Elemente würden von der Arbeitsverwaltung vorgegeben, sie nehme eine unanfechtbare Monopolstellung ein. Sie gebe Bildungsziele, also Inhalte, Dauer und die Anzahl der genehmigten Maßnahmen vor. Für die angekündigten Qualitätskontrollen würden die Kriterien fehlen. Das Arbeitsamt Dortmund beschränke sich darauf, zu prüfen, ob die räumlich-sachliche und personelle Ausstattung der Bildungsanbieter in Ordnung ist und ob ein Qualitätsmanagement-Verfahren vorhanden ist. Die Unsicherheit und der Druck, die notwendige Teilnehmerzahl für eine Bildungsmaßnahme zusammenzubekommen, führe inzwischen sogar dazu, dass Bildungsträgern Bildungsgutscheine angeboten würden. In dem Bericht wird ein Träger zitiert: »Neulich wollte uns sogar eine Frau ihren Gutschein für 2.500 Euro verkaufen!«
Die Studie stellt auch fest, dass das System der Bildungsgutscheine für weitere »prekäre« Beschäftigungsverhältnisse in der Weiterbildungsbranche sorgen wird. Der Bundesdurchschnittskostensatz, der die Höchstgrenze dessen darstellt, was ein Arbeitsamt einem Bildungsträger pro Teilnehmer zahlt, liege deutlich unter den bisherigen Kostensätzen. Zeitgleich entstehen höhere Kosten für Zertifizierungen und Kammerprüfungen, die nicht mehr im Budget enthalten sind. Auch müssen die Weiterbildungsträger ihre Maßnahmen stärker öffentlich bewerben, so dass Werbungs- und Marketingkosten entstehen. Die Praxis, fest angestellte Mitarbeiter zu Gunsten von Honorarkräften zu entlassen, sei bereits jetzt bundesweit zu beobachten. Letztlich gehe der geringere Geldfluss auf die Qualität. Die Studie zitiert einen Bildungsträger: »Wir versuchen zum Beispiel, die gestiegenen Kosten dadurch aufzufangen, dass wir statt der vollen Unterrichtsstunden zwei Stunden pro Woche ›Selbstlernen‹ ansetzen, um Lehrpersonal einzusparen«.