»Betroffene dürfen Verkehrsmittel, die diesen Bereich passieren, nicht mehr benutzen« (Teil 2)
Ein anderer Aspekt, der noch wichtig ist: Kritiker sagen, dass durch das Beobachten Kriminalität in vielfältiger Form nicht verhindert, sondern eher verdrängt wird. Dies bedeutet: Dann entstehen andere Orte, wo Kriminalität anfällt. Und dies würde dann bedeuten: Die Orte könnten dann auch beobachtet werden. So dass hier eine Dynamik entsteht, die am Ende auf ein flächendeckendes Beobachtungssystem hinauslaufen würde. Das allerdings wäre mit Sicherheit unzulässig.
Das Problem lokalisieren heißt über den Ravensberger Park zu sprechen. Dort war das NRW-Pilotprojekt, inzwischen sind die Kameras wieder abgebaut. Sehen Sie da eine Binnenwanderung von Kriminalität, ist Videoüberwachung Instrument einer Verdrängungspolitik von sozialen Randgruppen? Ich sehe hier jedenfalls das Risiko einer Verdrängung. Dieser Verdrängungseffekt besteht insbesondere dann, wenn die beteiligten Personen eine ganz hohe Motivation haben, ihre Straftaten zu begehen. Dies ist insbesondere im Bereich der Drogenkriminalität der Fall. Hier sind die einen drogenabhängig, die anderen auf das große Geld aus. Die Motivation, Straftaten zu begehen, ist sehr hoch und unabhängig vom Vorhandensein ortsgebundener Überwachungsmechanismen. Tatsächlich zeigen kriminologische Untersuchungen, dass in diesen Fällen die Kriminalität nicht verhindert, sondern eher verdrängt wird. Verhindert wird eher Gelegenheitskriminalität, also Kriminalität, welche aus einem Augenblick entsteht, weil einfach die Gelegenheit »günstig« ist und man sich unbeobachtet glaubt. Da es im Ravensberger Park nun überwiegend um Drogenkriminalität geht, ist hier der Verdrängungseffekt vergleichsweise hoch. Tatsächlich war es so, dass im Ravensberger Park während der Überwachungszeit überhaupt nichts los war; dort war es totenstill. Drogenszenen waren dort nicht erkennbar. Es war eine Verdrängung zu beobachten.
Es gibt ja in Parks Menschen, die dort einfach sitzen und vielleicht Alkohol konsumieren. Alkohol ist offiziell keine Droge. Es wäre ein Verhalten im legalen Rahmen. Damit würden sich diese Menschen doch innerhalb der Definition von öffentlichem Raum bewegen?
Völlig klar. Öffentlicher Raum ist jeder Raum, der faktisch für alle zugänglich ist und zu dem auch alle zugangsberechtigt sind: also öffentliche Straßen, öffentliche Plätze, Parks und ähnliches. Dieser Raum steht allen für alle dort zugelassenen Zwecke zur Verfügung. Normalerweise ist es so, dass dieser Raum dann auch von allen genutzt werden kann. Es sei denn, andere Leute nutzen den Raum in so großer Zahl, dass einfach kein Platz mehr ist. Wenn alle Bänke voll sind, können Sie sich nirgendwo mehr hinsetzen. Das Problem der Kriminalität und namentlich der Drogenkriminalität im öffentlichen Raum liegt einfach darin, dass durch die Art der Benutzung und durch die Zusammenballung von Leuten andere abgeschreckt werden, diesen Raum zu benutzen. Das heißt im Klartext: Hier wird der Raum faktisch eben nicht mehr öffentlich und damit sozusagen zweckentfremdet. Dieses Problem ist hier eines, was die Funktion des öffentlichen Raumes in gewisser Weise entwertet.