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Ein beliebtes Intermezzo für Jürgen Wildbald: Spielen mit sogenannten Fußgängern
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Zweimal wöchentlich trifft Jürgen Wilbald sich mit anderen Sportlern in den Räumen der Universität zum Tischtennis. Das klingt gewöhnlich, ist es aber nichtVon Christiane Tilly»Mensch, Mensch, Du bist ja von Frauen umgeben.« Lockere Kneipenstimmung, Gespräche zwischen Sportsfreunden. »Ja, ja«, lacht der dunkelblonde Mann. Sein Blick streift die neben ihm sitzende Frau, bleibt dann an seiner Freundin hängen.
Treffpunkt UnivarzaJürgen Wilbald, 39, sitzt zwischen neun anderen Männern und Frauen an einem Tisch gleich am Eingang des Univarza. Immer Dienstags und Donnerstags nachmittags treffen sie sich hier, um dann gemeinsam zum Tischtennis zu fahren. »Ich bin erst im Oktober zu meiner Freundin nach Bielefeld gezogen«, erzählt Jürgen Wilbald, »die Treffen hier sind für mich eine gute Möglichkeit in die Gemeinschaft reinzukommen und hier Leute kennenzulernen«.
Das hat der 39jährige auch schon anders erlebt. »Ich war vorher eineinhalb Jahre in Duisburg im Verein. Dort wurde ich gar nicht gefragt, ob ich Lust hätte, mich nach dem Spiel noch mit den anderen zu treffen, das ist hier viel besser.«
Kellergäng(e) unter dem WestendGegen 17 Uhr finden sich nach und nach alle im ersten Untergeschoss der Universität Bielefeld vor einer grauen Tür ein. In den Kellergängen direkt unter dem Westend riecht es nach Chlor, die Luft ist stickig. Dicke Heizungsrohre verlaufen unter der Decke. Die Wände wirken schmutzig-weiß und auf dem glatten, grauen Betonboden ist die Farbe an einigen Stellen abgelaufen. Nach kurzer Zeit kommt die ›Frau mit dem Schlüssel‹ um die Ecke gefahren. Sie schließt auf und Jürgen Wilbald und die andere Sportler folgen ihr in den Raum.
Insgesamt vier Tischtennisplatten stehen rechts und links von der Tür. Die grünen, etwa hüfthohen Trennwände fassen jeweils zwei Platten ein. Die Wände sind hellgelb gestrichen. Erst auf den zweiten Blick fallen die Heizungsrohre auf, die auch hier an der Decke entlanglaufen. Fenster gibt es keine. »Der Nachteil hier ist, dass die Luft schnell stickig wird«, erklärt der 39jährige, »später wird das noch schlimmer«.
Spiel mit HandicapAlle Teilnehmer der Trainingsgruppe sind Rollstuhlfahrer. Seit seinem Arbeitsunfall vor 16 Jahren ist Jürgen Wilbald querschnittgelähmt. Als
Tetraplegiker bezeichnen ihn die Ärzte. Seine Entscheidung für diese Sportart fiel, weil er durch seine Bewegungseinschränkungen keine große Auswahl hatte. Völlig auf Sport zu verzichten wäre für Jürgen Wilbald undenkbar gewesen. Bis zu seinem Unfall war seine gesamte Freizeit durch Karate ausgefüllt. Acht Jahre lang hatte der Besitzer des 1. Dans – bekannt als schwarzer Gürtel – nicht nur sich selber trainiert sondern auch andere.
Spaß am gemeinsamen SportDen Unterschied zwischen Leistungs- und Freizeitsportlern, wie man in üblicherweise kennt, gibt es im Rollstuhltischtennisverein in Bielefeld so nicht. Auch wenn für Turniere bestimmte Kriterien gelten, ist das beim Training zunächst nachrangig. Es zählt vor allem der Spaß am gemeinsamen Sport.