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Spielplatz Kapital (08.10.2003)



Don Alphonso
Don Alphonso: verbaler Liquidator der New Economy


























Von Manfred Horn

Im Prinzip kommen beim Venture Capital zwei Dinge zusammen: Zum einen sucht Geld – oder besser die Besitzer von viel Geld – immer nach spekulativen Anlagemöglichkeiten, auf dass sich das Geld vermehre. Denn auch in den Zeiten restriktiver Sparhaushalte gilt: Es gilt viel Geld, wenn auch nicht in den Händen aller, und dieses Geld will bewegt werden. Und: wer Venture-Kapitalist wird, kann Steuern sparen. Zumindest, wenn es das neu gegründete Unternehmen an die Börse schafft. Denn der Venture-Kapitalist gibt Geld in ein sich gründendes Unternehmen. Viel Geld. Kommt das neue Unternehmen an die Börse, profitiert der Venture-Kapitalist vom Veräußerungsgewinn und zahlt dabei keine Steuern, da Aktiengewinne steuerfrei sind. Venture-Capital ist also auch ein riesiges Steuersparmodell, Steuerhinterziehung sozusagen, die die über 700 Milliarden Euro illegale Steuerhinterziehung jährlich auf legale Weise ergänzt.

Doch der große Boom ist erst einmal vorbei: Seit nunmehr drei Jahren ist der Hype, der um neue Unternehmen (»Start Up’s«) vor allem im Bereich der »New Economy«, also Unternehmen, die auf neue Technologien und Internet setzten, gnadenlos eingebrochen. Vorher wurde eher mit Erwartungen denn mit Tatsachen gehandelt: Nahezu alle dieser Start-Ups waren von Anfang an gnadenlos überbewertet.

Don Alphonso, seinen richtigen Namen verschweigt er, hatte »das Pech, in die falschen Kreise zu geraten«, sagt er. In gewisser Weise wohl auch das Glück, doch das sagt er nicht. Der studierte Mittelalterarchäologe mit Schwerpunkt »Keramik des 17. Jahrhunderts« wurde nämlich 1997 praktisch über Nacht »Usability-Spezialist« und begann, Gutachten über die Auftritte und Aussichten von Start-Ups zu schreiben. Durchaus damit kokettierend betonte er bei einer Lesung am vergangenen Sonntag im Bunker Ulmenwall, dass er absolut keine Ahnung von Venture-Capital und Start-Ups gehabt habe. Ein typischer Fall von reingerutscht eben. Aber in den Boom im Ausgang des vergangenen Jahrtausends war wohl viel möglich.

Don Alphonso war zur 126. Public Domain des FoeBuD e.V. geladen. Circa 30 BesucherInnen lauschten seinen Erzählungen über seine Person und aus seinem Buch »Liquide«. Thematisch geht es in dem Roman um sogenannte Liquidatoren. Sie haben den einträchtigen Job, den vielen Start-Ups, die kein Geld abwerfen, im Auftrag der Venture-Capitalisten das Geld wiederabzujagen. Kurz: Die Venture-Capitalisten wollen irgendwann ihre Kohle zurück. Die drei Helden des Buches kommen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen. Einmal als Liquidatoren-Team vereint, riechen sie das große Geld zu greifen zu. Sie kaufen sich von ihrer Beteiligung, die sie vom Venture-Capitalisten für erfolgreiches Zurückholen der Investitionen bekommen, teure Autos und Klamotten. Sie personifizieren das Böse: Sie sind konsequent brutal, zynisch, pervers und irgendwie psychisch krank. Das Buch beschreibt auch, wie die New Economy beziehungsweise deren Geschäftsführer gnadenlos ihr Geld, mit dem sie eigentlich nach ihren Buiseness-Plänen ein florierendes Unternehmen aufbauen wollten, verbrannten.