Webwecker Bielefeld: Deborah Eisenberg: »Rache der Dinosaurier« (September 2008)

Deborah Eisenberg: »Rache der Dinosaurier« (September 2008)



Von Raphaela Kula

»Ich bin jedenfalls froh, dass du dich entschlossen hast, zu kommen. Denn es müssen Entscheidungen gefällt werden, und ich wollte, dass wir uns einig sind.« – »Gegen wen?« sagte ich. »Gegen wen?« fragte er. »Es müssen Entscheidungen gefällt werden, und ich wollte, dass du dich daran beteiligst.« Bruder und Schwester treffen aus unterschiedlichsten Lebenssituationen kommend im Haus ihrer Großmutter, altersschwach und verwirrt. zusammen. Der pragmatische und erfolgsgewohnte Bruder sieht die Situation realistisch, die Großmutter muss aus ihrem Haus, ihre Sachen, eigentlich alles nur noch Zeug ohne Wert, aufgeteilt werden.

Die Situation ist grotesk, die anwesenden Angehörigen nehmen kaum Notiz von der anwesenden alten Dame, fangen in ihrem Beisein an, die Leiche zu fleddern, obwohl noch keine da ist. Es ist spürbar, alle bleiben in ihren eigenen Gedanken und Realitäten verhaftet, es gibt kaum Verständigung noch ein ernstgemeintes Interesse aneinander.

Deborah Eisenberg gelingt es in dieser der deutschen Übersetzung titelgebenden Erzählung reale Beziehungsgefüge bzw. Nicht-Verhältnisse  eindrucksvoll zu skizzieren. Auch wenn sie eine amerikanischen Schriftstellerin ist und sie in ihren Erzählungen prägnant die aktuelle amerikanische Realität einfängt, Facetten ihrer Geschichten, gerade dieser, sind sicherlich auch auf andere Wirklichkeiten übertragbar.

Sie bearbeitet auch die Angriffe vom 11. September aus einer ganz eigenwilligen Perspektive: Im Rückblick auf den Beginn des neuen Jahrtausends erinnert eine kleine Gruppe von Freunden die Zerstörung der Twin Towers aus einem sehr luxuriösem, extravagantem Ambiente heraus, brutaler Terrorangriff und glitzernde Designwelt treffen aufeinander.

Deborah Eisenbergs Erzählungen sind nicht einfach, geschweige denn unterhaltsam, in jedem Fall aber spannend, hintergründig und überraschend. Sie thematisiert das Unkontrollierbare, die zunehmende Gewalt, die Unfähigkeit, Beziehungen herzustellen und zunehmende diffuse Angst in jeglichen Lebenslagen. In jedem Fall lesenswert.


Deborah Eisenberg: »Rache der Dinosaurier«, Erzählungen, 218 Seiten, Hanser Verlag 2008