Von Harald Manninga
Edeltraut Hertel wollte mal Afrikanistik studieren, aber sie sollte
was Anständiges lernen also wurde sie Krankenschwester. Der Gedanke
an Afrika ließ sie jedoch nicht los. Reisen war aber in der DDR, daher
kommt Edeltraut und lebt auch heute noch und wieder im deutschen Osten,
nicht ganz einfach. Es ergab sich aber doch eine Möglichkeit für sie:
Wenn sie Hebamme würde, hieß es, könnte sie nach Tansania gehen. Also
lernte sie dann auf Hebamme, mit Mitte dreißig.
Hebamme war für Edeltraut kein Traumberuf, eher der Weg zur
Erfüllung eines anderen Traums. Das hat sich nach fast 20 Jahren
gewandelt: Sie ist immer noch oft in Tansania; aber inzwischen ist ihr
der Beruf der Hebamme ebenfalls ein traumhafter geworden, dem sie mit
viel Engagement und Liebe nachgeht, pendelnd zwischen Sachsen und
Tansania.
Die Idee zu diesem Dokumentarfilm bekam Regisseur Douglas
Wolfsperger anlässlich der Geburt eines eigenen Kindes. Und nachdem
dieses Kind in einer Klinik zur Welt kam, belässt er es nicht bei der
Darstellung der Arbeit dieser selbstbewussten Frau mit ungewöhnlichem
Lebenslauf und dezidierten Ansichten über die Natur der Geburt, besonders über die Natur einer naturgemäßen Geburt, sondern es kommen u.a. auch zwei Klinikärzte zu Wort. Damit
zeigt die Dokumentation also (auch) eine Art Streitgespräch.
Und wären diese beiden Ärzte nicht ebenfalls bodenständige,
humorvolle, reflektierte Leute, könnte damit die Geschichte und die
Auseinandersetzung, die der Film (u.a.) erzählt, von vornherein
entschieden sein. Schließlich ist Edeltraut die Protagonistin.
So einfach macht man sich das aber nicht: Da witzeln die Ärzte schon
mal sarkastisch, dass sie wohl Arbeitsplätze der Klinikverwaltung erhalten, wenn sie im heiß
umkämpften »Gesundheitsmarkt«, gerade im Bereich Nachwuchs, sechs Geburten am Tag »liefern«, mit den Mitteln, die sie eben haben und vielleicht auch gern anders hätten.
Auf der
anderen Seite Edeltraut, die bei ihren Anfängen in Afrika entsetzt darüber war, dass auch in
Tansiania üblicherweise auf dem Rücken liegend entbunden wird: wenn man doch erwarten sollte, dass in Afrika... Nein, deutsche Hebammen
haben dort einst diese (Un-)Sitte eingeführt, die haltungsmäßig nur geringfügig bekloppter ist als der Kopfstand. Und das nennt sich dann »Entwicklungshilfe«!
So hat jede Seite ihre eigenen
Widrigkeiten zu bewältigen.
Kaum eine Frage rund um Schwangerschaft und Geburt wird ausgelassen:
die Wichtigkeit des Stillens, die Rolle der Väter, Abtreibung, die
Intimität der Zeugung und die Intimität der Geburt
Ein mehr als ungewöhnlicher Film über eine der normalsten Sachen der Welt.