Von Manfred Horn
Die
Pressemitteilung klingt etwas mysteriös, zeigt aber, dass private
Immobiliengesellschaften durchaus Interesse haben: In der vergangenen Woche
kaufte die Deutsche REIT AG über eine Tochtergesellschaft insgesamt 460
Wohnungen »bei Bielefeld«. Der Kaufpreis soll bei zehn Millionen Euro gelegen
haben, 277 Euro pro Quadratmeter. Die Fläche, insgesamt 65.000 Quadratmeter,
weise nach Ansicht des Unternehmens »deutliche Potenziale« auf. Hauptaktionär
des Unternehmens ist die DRB Beteiligung, eine der üblichen Investorengruppen,
die schauen, wo sich Rendite machen lässt.
In
Bielefeld ist bisher der Verkauf von günstigem Wohnraum in großem Stil an Investitionsgesellschaften
verhindert worden. Das bundesweit bekannteste Beispiel ist der Verkauf des
städtischen Bestands in Dresden an eine us-amerikanische Investorengruppe.
48.000 Wohnungen wechselten vor wenigen Monaten den Eigentümer und gehören nun Fortress, die dafür
1,7 Milliarden Euro hinblätterten. Die Stadt ist nun schuldenfrei.
4.000 LEG Wohnungen sind schon verkauft
Davon
hat die CDU-geführte Landesregierung in Düsseldorf gehört. Sie schrieb sich den
Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft NRW (LEG) bereits im Juni 2005 in
den Koalitionsvertrag und verkaufte bereits Ende 2005 gut 4.000 LEG-Wohnungen
an eben jenen Finanzinvestor Fortress. Der Zeitpunkt war günstig, hatte die LEG
doch in der Öffentlichkeit eine Menge Kredit durch finanzielle
Unregelmäßigkeiten an der Konzernspitze verspielt. Der Korruptionsverdacht
sorgte unter anderem dafür, dass noch unter der alten rot-grünen Regierung
zweimal die Geschäftsführung ausgetauscht wurde.
Der
Investor Fortress darf, unter dem Namen Gagfah-Holding, inzwischen über
150.000 Wohnungen sein eigen nennen. Geht es nach der CDU-FDP-Landesregierung,
können es bald auf einen Schlag rund 100.000 mehr sein. Denn so viele Wohnungen
gehören der landeseigenen LEG. 300.000 Mieter wären betroffen. Dabei hat die
LEG im vergangenen Jahr durchaus gut 20 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet
und für über eine Viertel Milliarde Euro Bauaufträge an das Handwerk in NRW
vergeben.
Immobiliengesellschaften gehen an die Börse
Die
Landesregierung aber setzt auf einen warmen Geldsegen. Nimmt man den
Verkaufspreis von Dresden als Maßstab, könnten vier Milliarden Euro drin sein.
Allerdings ist die LEG stark mit Krediten belastet und das Land nicht
alleiniger Eigentümer, so dass unter dem Strich nur rund eine Milliarde Euro in
die Landeskasse fließen könnten. Mieterinteressen spielen dabei nur eine
untergeordnete Rolle. Fortress hat gerade 20 Prozent der Gagfah an die Börse
gebracht. Das Ziel der Gesellschaft ist klar: Gewinne erwirtschaften. Denn nur
kräftiges Plus überzeugt die Aktionäre. Dies geht nur, wenn die Mieten erhöht
und gleichzeitig die Kosten gedrückt werden. Weniger Personal, weniger
Instandsetzung und jährlich steigende Mieten sind die Folge. Zugleich zahlen
diese Investitionsgesellschaften jahrelang keine Steuern, da sie den Kauf mit
Krediten finanzieren, die sie dann mit den Mieteinnahmen verrechnen können.
Die
Landesregierung will auch die Kündigungssperrfrist abschaffen. Diese ermöglicht
derzeit in vielen NRW-Gemeinden, den Ausschluss einer Eigenbedarfs-Kündigung
nach einer Umwandlung in Wohneigentum. Die Frist liegt bei acht oder sechs
Jahren und wurde 2004 festgelegt. Der bundesgesetzliche Mindeststandard sind
drei Jahre. Und auf den will die Landesregierung das Recht der Mieter nun
zurückführen.
Verkauft
die Landesregierung, zieht sie sich aus der aktiven sozialen Wohnungspolitik
zurück und überlässt die Mieter dem Markt. In Bielefeld wären davon rund 1000
Wohnungen, also rund 3.000 Mieter betroffen. Die meisten von ihnen sind auf
günstigen Mietraum angewiesen. Die grüne Ratsfraktion in Bielefeld protestiert.
Sie fordert die Bielefelder Landtagsabgeordneten auf, im Landtag nicht
zuzustimmen. Fraktionsgeschäftsführer Klaus Rees: »Der Verkauf der
LEG-Wohnungen an einen Investor ist sozialpolitisch katastrophal und stellt
auch für die Städte ein großes Problem dar. Wohnungen sind keine Ware, sondern
sie bedeuten auch eine Verpflichtung des Eigentümers für seine Mieter«, sagt
Fraktionsgeschäftsführer Klaus Rees. Ein Verkauf an einen Finanzinvestor hätte
für ihn unabsehbare Folgen. »Wer, wie die Landesregierung, Wohnungen im großen
Stil veräußern und gleichzeitig den Mieterschutz durch Absenkung der
Kündigungssperrfrist will, verhält sich schlicht unsozial«.
Kommunale Gesellschaften kommen nicht zum Zuge
Die
Landesregierung ist bisher auch nicht bereit, über Angebote kommunaler
Wohnungsgesellschaften nachzudenken. So fragte die Bielefelder
Wohnungsbaugesellschaft (BGW) beim Land nach, ob kleinere Bestände erwerbbar
seien. Laut Auskunft des BGW-Geschäftsführers Norbert Müller, wurde ein
entsprechendes Angebot vom Herbst 2005 noch nicht einmal beantwortet.
Volksinitiative sammelt Unterschriften
Eine
Volksinitiative »Sichere Wohnungen und Arbeitsplätze« gegen den LEG-Verkauf
versucht jetzt noch, die Landesregierung von ihrem Vorhaben abzubringen.
Getragen wird die Initiative vom Mieterbund und ver.di, unterstützt unter
anderem von den Grünen, der SPD, Linkspartei und attac. Ein Verkauf an einen
Investor hätte auch bundesweite Bedeutung: der letzte große öffentliche
Wohnungsbestand würde privatisiert. Danach kämen nur noch kleinere kommunale
Wohnungsbaugesellschaften. Fortress käme in die Nähe einer Monopolstellung und
könnte die Wohnungsmärkte stark beeinflussen. Dies reicht hin bis zum erzeugen
von Spekulationsblasen, um die Preise nach oben zu treiben. Mit sozialem Wohnen
hat all das allerdings nichts mehr zu tun.
Unterschriftenlisten der Volksinitiative liegen im Büro der
Ratsfraktion und des Kreisverbandes der Grünen aus. Mehr Informationen und Unterschriftenlisten
im Netz: www.volksinitiative-leg.de