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Die 40. Internationalen Hofer Filmtage



Impressionen von Harald Manninga


Zum 40. Mal Hofer Filmtage. Welch ein Grund zum Feiern!, möchte mancher denken. Zumal wenn man die Entstehungsgeschichte von »Hof« bedenkt, das neben »Berlin« und »München« zu den drei wichtigsten Filmfestivals in Deutschland gehört. Als es 1967 mit einer zweieinhalb Stunden langen Vorführung von Kurzfilmen junger Filmemacher begann, ahnte niemand, dass es einmal auch nur ein zweites Hofer Filmfest geben würde. Dennoch hat Festivalgründer und –leiter Heinz Badewitz, im Nebenberuf Vorsteher der Sparte »German Cinema« bei der Berlinale, fortan die eigene Filmemacherkarriere im Grunde an den Nagel hängen müssen, weil dieses merkwürdige Gebilde »Hofer Filmtage«, das es eigentlich nur gibt, weil der gebürtige Hofer Badewitz damals einen Hofer Kinobesitzer kannte, eine unbändige Eigendynamik entwickelte, die bis heute anhält und sich von Jahr zu Jahr nur weiter zu steigern scheint.

Wie sich das für die leicht hemdsärmelige Gemütlichkeit und Unkompliziertheit der Hofer Filmtage gehört, fiel es im Grunde gar nicht so sehr auf, dass man nebenher auch sich selbst a weng feierte. Zwar war das Jubiläumsjahr auch irgendwie Thema, wurde auch mit einer veritablen »Festschrift« etwas markiert. Im Grunde war aber alles wie sonst, nur halt einen Tag länger.

An der traditionellen »Retrospektive« konnte mans dann allerdings doch ablesen, die war diesmal nämlich nicht, wie sonst üblich, dem Lebenswerk eines einzelnen Regisseurs gewidmet. Stattdessen gab es eine Auswahl von Filmen, die heute so etwas wie Klassikerstatus genießen und ihre Premieren bei den Hofer Filmtagen hatten. Und dann gabs in der Hofer »Freiheitshalle« noch eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Hofer Filmtage, aber die war so klein, dass sie kaum weiter ins Gewicht fiel.

Zwölf der dies Jahr in Hof gezeigten Filme sind mit Unterstützung der» Filmstiftung NRW« entstanden. Allein das ist wohl Grund genug, mal zu schaun, was in Hof so los war.

 

»Der Film ist wichtiger!«

Mit diesem kurzen Satz versuchte Festivalchef Heinz Badewitz den tosenden Applaus abzuwehren, der ihn bei der Eröffnung der »40. Internationalen Hofer Filmtage« begrüßte, als er im »Scala« auf die Bühne trat, um mit der Anmoderation des Eröffnungsfilms das Festival offiziell für begonnen zu erklären und die mittlerweile zum running gag gewordene Bitte um Abschaltung der »Mobiltelefone« zu äußern.

Heinz Badewitz, der, wie man in den Vorabtexten zu den diesjährigen Hofer Tagen allenthalben lesen konnte, »dienstälteste Filmfestivalleiter Europas«, sagt so einen Satz über Wertigkeiten natürlich nicht ohne Grund. Und man nimmt ihm mühelos ab, dass er ihn auch genau so meint, und zwar nicht nur in Bezug auf den Film, den er fast minutenlang nicht anmoderieren konnte, weil die applaudierende Menge ihn nicht zu Wort kommen ließ.

Denn in Hof ist das eben so: Trotz all der Promi-Namen, die sich mit den Hofer Filmtagen verbinden, steht hier tatsächlich immer der Film im Mittelpunkt, sei es der einzelne Film, für den man jeweils gerade im Kino sitzt, sei es der Film als Kunstform, und hierbei vor allem die Filmkunst, die von Nachwuchskünstlern gemacht wird. Nicht die Promis, die hier auftauchen, nicht die Promis, die sich hier ihre »Namen« erworben haben und dadurch rückwirkend an der Bedeutung der Hofer Filmtage für das deutsche Kino jedes Jahr neu mitarbeiten. Nein: Allein der Film ist hier wichtig.

Nichtsdestoweniger sind aber natürlich auch die Menschen wichtig, die dieses Filmfest erst ermöglichen, also neben den Filmemachern, Schauspielern, Regisseuren die vielen, vielen helfenden Hände, die Badewitz bei seinem Festival zur Seite stehen. Also holte er zur diesjährigen Eröffnung eine Reihe derer, die hinter den Kulissen diese Unternehmung stemmen, zu sich auf die Bühne. Ein gutes Dutzend, stellvertretend für über 100 zum großen Teil ehrenamtlich arbeitende Andere, die auf diese Weise auch einmal zu dem ihnen gebührenden Applaus kamen, der ihnen im vollbesetzten »Scala« reichlich zuteil wurde. Mit Recht, denn die Hofer Filmtage sind ein immenser Hub, den man nicht mal eben so nebenbei erledigt.

 

Leichte Kost: »Schwere Jungs«

Aber dann war irgendwann doch der Film wieder wichtiger, die Filmtage konnten richtig beginnen, also mit Film, und zwar in diesem Jahr mit der Sportlerkomödie »Schwere Jungs« von Marcus H. Rosenmüller, der gerade im August erst sein großes Debüt, die Komödie »Wer früher stirbt, ist länger tot« mit Erfolg in die Kinos entlassen und sich damit außerdem den »Förderpreis Deutscher Film« für die beste Regie eingefangen hat.

»Schwere Jungs« (nicht zu verwechseln mit einer älteren US-Produktion, die z.Zt. unter demselben Titel in den DVD-Läden liegt) erzählt eine halbfiktive Geschichte über die Teilnahme zweier deutscher Bob-Mannschaften an den Olympischen Winterspielen in Oslo 1952. Das waren – soviel ist an dem Film echt historisch – die ersten Spiele, bei denen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine deutsche Mannschaft dabei war. Die dann auch tatsächlich im Viererbob die Goldmedaille holte.

Im Film geht es um die Kontrahenten Gamser und Dorfler aus Garmisch-Partenkirchen, der eine ein scheinbares Weichei und verarmter Tischler, der andere das reiche und erfolgsverwöhnte Söhnchen eines Brauereibesitzers. Ihre Feindschaft reicht 16 Jahre zurück: damals sind sie als Kinder schon einmal bei einem Vierer-Schlittenrennen gegeneinander angetreten, wobei Gamser mit seinen Mannen aufgrund eines Konstruktionsfehlers bei seinem selbstgebauten Bob kläglich versagt hat und seitdem von Dorfler bei jeder Gelegenheit daran erinnert wird. Brauereierbe Dorfler hat nämlich mit dem Bobfahren weitergemacht und ist gerade erst Weltmeister geworden, während Versager Gamser es sich im Schmolleckchen mehr oder weniger gemütlich gemacht hat.

Nu aber: Olympische Spiele! Dass Weltmeister Dorfler mit seiner Truppe daran teilnehmen wird steht fest, es kann sich jedoch noch eine zweite Viererbobmannschaft qualifizieren. Gamser wittert seine Chance, sich für die Schmach von damals zu revanchieren, und setzt alles daran, sich und seine drei Kumpanen von seinerzeit in wenigen Wochen für die olympische Teilnahme fit zu machen. Es grenzt an ein Wunder, doch sie schaffen es wirklich, sich zu qualifizieren. Damit geht allerdings das Drama um all die komischen Situationen und Verwicklungen und Beziehungskrisen erst so richtig los, und die Zuschauer kamen bei der Uraufführung aus dem Lachen kaum mehr heraus.

 

Poesie des Schenkelklatschens

Regisseur Rosenmüller ist Bayer, das merkt man nicht nur seiner Sprechweise an, wenn er auf der Bühne im Hofer »Scala« steht und sich wortreich für den fulminanten Applaus bedankt, sondern auch dem Film, der nämlich an der Oberfläche recht krachledern aussieht und kaum ein Klischee, wie es aus dem »Komödienstadl« kommen könnte, auslässt, von der zänkischen Ehefrau über Blasmusikseligkeit bis hin zur »Halben«, die ein gstandner Bayer ja bekanntlich als erstes vermissen wird, wenn er sich in Oslo, also bei die Preißn aufhält. Textzeilen, die klingen wie: »Vi kamm frrom Bavaria, nier Tschöämänni« sind sicher nicht zufällig ins Buch geraten. Rosenmüller und seine Leute machen aus dem Krachledernen dann aber echte Hochkomik und aus einem scheinbar banalen Kindheitskonflikt mit seinen nahezu tragischen Folgen für die bornierten Erwachsenen, die aus diesen Kindern geworden sind, ein echtes Drama über Liebe, Freundschaft und Loyalität.

In Komödien wird bei gelungenen Pointen in jedem Kino gelacht. In Hof wird zudem, nach guter Festivalart, am Ende einer Vorführung applaudiert, wenn sie Applaus verdient hat. Dass ein Film bei allem Gelächter zwischendurch gar Szenenapplaus bekommt ist aber auch hier eher selten. Bei diesem Film gabs das. Es sitzt nämlich nicht nur so gut wie jede Pointe, glänzend besetzt (Casting: Nessie Nesslauer) ist Rosenmüllers Film außerdem, und da ist die Nebenrolle von Bastian Pastewka als urbeamtendeutsch verklemmtem Betreuungsfunktionär, der aufs Köstlichste von einem Missverständnis ins nächste stolpert, eigentlich fast kaum erwähnenswert neben der Leistung, die die anderen Hauptdarsteller Sebastian Bezzel (»Gamser«, im anderen Schauspielerleben auch »Tatort«-Kommissar) und Nicholas Ofczarek (»Dorfler«) abliefern. Oder die aller andern, die hier unerwähnt bleiben müssen, weil es einfach zu viele sind.

Selten auch ist in einer deutschen Produktion die Musik so passend gemacht (Gerd Baumann) oder aus alten Schlagern aus- und zusammengesucht worden. Das Szenenbild von Josef Sanktjohanser ist ebenfalls sehr sehenswert. Ebenso geistreich wie klamaukig, so rührend wie banal, Pointen zum einen so absehbar, wie andere völlig überraschend sind – klasse, dieser Film.

Im Januar kommt »Schwere Jungs« voraussichtlich in die Kinos.

 

Die Retrospektive

Jedes Jahr gibt es bei den Hofer Filmtagen eine sogenannte Retrospektive, die sich im Normalfall mit dem (bisherigen) Lebenswerk eines Regisseurs beschäftigt. Manche finden es recht gewagt, »Rückblicke« auf Leute zu machen, die noch am Leben und bei der Arbeit sind, und wohl mit Recht, denn in der Retrospektive des letzten Jahres, die Costa-Gavras gewidmet war, lief z.B. ein Film, der ziemlich frisch aus dem Kopierwerk kam und noch nicht einmal in deutscher Übersetzung vorlag.

Seis drum: Dies Jahr wandte man sich in Hof der eigenen Geschichte zu und zeigte eine Auswahl von Filmen, die hier ihre Premiere oder Uraufführung hatten und später in der normalen Kinowelt Furore machten. Große Namen sind darunter: Tom Tykwer, Doris Dörrie, Werner Herzog, Herbert Achternbusch, Wim Wenders, Detlev Buck, Rosa von Praunheim, Christoph Schlingensief...

Eine naheliegende Idee, diese mehr oder weniger alten Rollen wieder aus der Filmdose zu holen, außerdem eine schöne Idee: Denn wo sonst hätte man heute Gelegenheit, zum Beispiel Tom Tykwers (»Lola rennt«, »Das Parfum«) ersten großen Film, »Die tödliche Maria« (1993) mal zu sehen? Zugegeben: Hin und wieder im Fernsehen, denn dieser Film entstand in der Reihe »Das Kleine Fernsehspiel« des ZDF und wurde gelegentlich wiederholt. Und dennoch: Ein Film wirkt halt auf der Kinoleinwand doch ganz anders, das wird gerade bei diesem Film wieder besonders deutlich.

Es wäre sicher nicht zuviel behauptet, wenn man sagte: »Hof macht Stars«. Denn auch wenn sicher nicht aus jedem Regisseur, der hier debütieren oder sonstwie auftreten »darf«, danach auch ein Star wird, wird man kaum einen deutschen Starregisseur finden, der nicht zumindest einen Teil seiner Wurzeln in Hof hat.

Werner Herzog ist einer von denen, die in und mit Hof groß geworden sind. Schon 1968, im zweiten Hof-Jahr, hat er hier einen Film gezeigt, »Letzte Worte« hieß der. Bei der diesjährigen Retrospektive war er mit »Jeder für sich und Gott gegen alle« von 1974 dabei. Die filmische Umsetzung des Lebens von Kaspar Hauser, soweit es bekannt ist, hat damals viel Aufsehen erregt. Wie eigentlich alle großen Filme von Werner Herzog aus den 70ern und 80ern. Nur um den Hauptdarsteller, Bruno S., den Herzog im Berliner Stadtteil Wedding auftat und mit dem er in der Folge noch einige Filme machte, ist es inzwischen sehr still geworden: Man weiß nicht, was aus ihm geworden ist, und auch Werner Herzog selbst hat seinen Star von einst inzwischen aus den Augen verloren.

Um einiges leichtfüßiger kommt dagegen die Komödie »Karniggels« (1991) von Detlev Buck daher. Die Geschichte um den Polizeianwärter Köpper (gespielt von Michael Lade), der bei seinem ersten praktischen Einsatz während der Ausbildung in einem verschlafenen Dorf in der norddeutschen Tiefebene einem Rinder-Ripper auf der Spur ist und einen Autodiebstahl tatsächlich im Alleingang aufklärt (in der Rolle des Autodiebs und Lebenskünstlers »Elle« ein köstlich anzusehender Ingo Naujoks), hat nichts von seiner beschwingten Komik verloren.

Von Buck zu Doris Dörrie ist der Übergang leicht hinzukriegen: Wenn man von »deutscher Komödie« spricht, kommt man an ihr nicht vorbei, die 1985 mit »Männer« (in Hof uraufgeführt) einen grandiosen Schlager hingelegt hat, der der intelligenten Komik im deutschsprachigen Kino neue Wege gebrochen hat. Ohne den Erfolg von »Männer« wäre wohl auch ein Film wie »Karniggels« nicht denkbar.

Dörrie, die übrigens den Hofer Filmtagen schon lange vorher verbunden war, sie hat nämlich hier in den 70ern mehrere Jahre bei der »Gästebetreuung« mitgewirkt, hat jedoch für ihren Beitrag zur Hof-Retrospektive einen anderen Film ausgewählt, »Mitten ins Herz« von 1983.

 

Promis

Wer sich anlässlich des Jubiläums auf ein besonderes Promi-Aufkommen gefreut haben mag, wurde wohl nicht enttäuscht. Es sei denn, man hätte noch mehr davon erwartet als sonst immer schon. Viele, die man erwartet hat und hätte sehen mögen, waren nämlich dann doch nicht da. Diese Filmleute sind alle ganz schön unterwegs, wie es scheint:

Tom Tykwer zum Beispiel wäre, hieß es, gern gekommen, um seinen Film »Die tödliche Maria« bei der Retrospektive selbst anzumoderieren. Aber er weilt gerade in Japan, um dort »Das Parfum« zu promoten. Werner Herzog wäre auch gern gekommen, um zur Deutschlandpremiere von »Walking to Werner«, der ihn selbst zum Thema hat, sowie beim eigenen Film in der Retrospektive, dem Kaspar-Hauser-Drama »Jeder für sich und Gott gegen alle« dabei zu sein, aber er bereitet sich gerade in Neuseeland auf eine Antarktistour vor. Der Regisseur von »Walking to Werner«, der US-Amerikaner Linas Phillips, weilt gerade in Südamerika und wäre ja gekommen, allerdings hätte er erst am Samstag Abend anreisen können, aber da hat Heinz Badewitz interveniert und ihm gesagt, dass es zwar schade wäre, aber das lohne diesen die halbe Welt umspannenden Aufwand incl. Jetlag nicht. Womit er wohl recht hatte, denn dieser Film wäre dann gar nicht mehr gelaufen, es hätte also wohl niemand, einschließlich seiner selbst, ernstlich was von Phillips' Anwesenheit gehabt.

Und das ist nur die diesbezügliche Nachrichtenausbeute des ersten Tages nach der Eröffnung!

Dafür war aber z.B. Detlev Buck leibhaftig anwesend, um seinen Film »Karniggels«, der in der »Retrospektive« lief, selbst anzumoderieren. Und dabei zum Beispiel zu erzählen, dass sich die Gründung seiner eigenen Produktionsfirma »Boje-Buck« der eher zufälligen Begegnung mit Claus Boje in Hof verdankt. Wie ja, am Rande bemerkt, Hof überhaupt eine der ganz großen Kontaktbörsen fürs deutsche Filmschaffen ist. Hof ist kein Garant für große Karrieren, aber oft genug sind sie trotzdem hier entstanden.

Christoph Schlingensief, Träger des »Filmpreises der Stadt Hof« im letzten Jahr, war auch kurz da, um als Laudator bei der diesjährigen Verleihung dieses Preises zu fungieren, der an Alexander Kluge ging. Der war demnach also auch anwesend. Um ihn im sonstigen Menschengewimmel aber auch zu erkennen, wenn er mal mit im Kinosaal gewesen sein möge – dazu müsste man schon sehr genau wissen, wie der eigentlich aussieht. Und zur Preisverleihung kommt man ja nur mit »Einladung« oder als sonstwie Privilegierter, daher konnten sich nur die Auserwählten, die in der Hofer »Freiheitshalle« anwesend sein konnten, einen aktuellen Eindruck verschaffen. Nachdem es in Hof keine roten Teppiche gibt, können auch solche Größen ganz einfach in der Menge untertauchen, zumal wenn sie eher hinter der Kamera agieren.

Macht aber nichts, es gab auch so genug zu kucken, und die Preise, die manche Vergeber hier vergeben, haben mit den Filmtagen nur am Rande zu schaffen. Hof hat seine Bedeutung nicht, weil es hier Preise gibt, sondern die Preise, dies hier gibt, gibt es, weil es die Hofer Filmtage gibt.

Genauso die Promis: Monica Bleibtreu, Heike Makatsch, Bernd Herzsprung (der sich die Filme anschauen wollte, in denen seine Tochter Hannah mitspielte), Sönke Wortmann (mit seinem Kurzfilm »Fotofinish« in der Retrospektive vertreten und trotz heftiger Verletzung beim traditionellen Fußballspiel der Hofer Filmtage zwischen der Auswahl der Filmemacher und der Hofer Mannschaft nach kurzer Verarztung wieder ins Spiel eingestiegen, was aber nichts genützt hat, die Hofer haben 2:1 gewonnen), Anna Maria Mühe, Rosa von Praunheim, nicht zu vergessen die finnische Regisseurslegende Aki Kaurismäki, der in Hof seinen neuen Film »Lichter der Vorstadt« vorstellte... Und natürlich alle die Neulinge, die erst auf dem Wege zum Starruhm sind, die man schon deshalb also noch nicht unbedingt (er-)kennen kann, die aber mit ihrer Anwesenheit in Hof schon mal einen guten Grundstein gelegt haben dürften.

 

Kurzfilme

Wohin nur ist die gute alte Sitte verschwunden, dass man im Kino vor dem »Hauptfilm« auch noch einen Kurzfilm oder »Vorfilm« zu sehen bekam?

Rainer Kaufmann (z.B. »Die Apothekerin«), dies Jahr mit der Uraufführung von »Vier Töchter« bei den Hofer Filmtagen, bedankte sich sehr zu Recht bei Heinz Badewitz: Es mache gar nichts, wenn ein Film kurz sei, solange er nur gut ist. Gemeint war in dem Fall »Fair Trade« von Michael Dreher, der vor den »Vier Töchtern« gezeigt wurde. Und Kaufmann weiter:» Danke, Heinz, dass man solche Filme hier sehen kann!« Denn wo sonst kann man das mal?

Aber wirklich. Das gilt nicht nur für »Fair Trade«, ein kurzes aber beklemmendes, aufgrund der Kürze außerdem besonders dicht erzähltes Drama um den Handel mit Babys. Wo und wann kann man solche Filme mal sehen? Auf Festivals, und meist nur da. Dabei sind die so oft so schön!

Ein besonderes Schmuckstück ist zum Beispiel »Wenn sie nicht gestorben sind« von Sami Challah: Was wäre wohl, wenn gewisse Märchenfiguren heute noch lebten? Rumpelstilzchen verdingt sich unter dem Tarnnamen Sado Koschwitz als Taxifahrer mit besonderem Musikgeschmack, Hänsel sitzt hinter Gittern (wo sonst?) und das geliebte Schwesterlein Gretel erwartet ein Kind von ihm. Oder Hase und Igel: Hase liegt im Krankenhaus im Sterben und seinen alten Kumpel Igel plagt das schlechte Gewissen wegen dieses Rennbetrugs von damals.

Das ist nicht nur ungemein witzig erzählt, sondern auch noch ein Puppenfilm, mit Marionetten, die den Muppets Ehre machen würden, Jim Hensons und Frank Oz' Fantasien aber um eine herrliche Nuance erweitern. Multitalent Challah hat dabei nicht nur Buch und Regie, sondern auch die Puppen gemacht.

Auf ganz andere Art ungemein witzig ist der Beitrag der Französin Flores, »Water Closed«. Und nein, das ist kein Schreibfehler, obwohl der größte Teil des Films auf einer Toilette spielt, sondern schon die wortspielende Kurzbeschreibung dieses 17 Minuten langen Films: Die taffe Geschäftsfrau Maude Kerster (grandios gespielt von Aude Pepin) tritt ihre neue Stelle als Managerin bei einem großen Konzern an. Als sie mal aufs Klo muss, gibt nach dem hier gemachtem Geschäft die Kabine sie nicht wieder her, die Tür ist zu und rührt und rückt sich nicht. – Oh Gott, wie peinlich! Um Hilfe rufen geht nicht so recht, wie steht sie hinterher da, wenn sie schon am ersten Arbeitstag eine solche Anekdote für ihre neuen Kollegen und Untergebenen liefert! Und um eins ist große Konferenz, da wird man zu spät ankommen, wenn überhaupt... Bemerkenswert, außer der herrlich komischen Idee, hier vor allem die Kamera, die mit einfachen aber sehr wirkungsvollen Mitteln die verschiedenen Ebenen, auf denen das Ganze erzählt ist, ausgesprochen beeindruckend markiert und visualisiert.

Oder auch »Hagen PM« von Mike Viebrock: Hagen Hentschel (gespielt von Michael Brandner) wacht in einer Leichenhalle unter der bewussten Decke und auf dem bewussten Tisch wieder auf. Alle anderen halten ihn aber nach wie vor für tot, weil er unbemerkt aus der Aufbahrungshalle entwischen kann. Als er ohne wen zu informieren nach Hause kommt, erfährt er so einiges aus seiner und über seine Familie und ihrer Sichtweise auf ihn, das er vorher nicht wusste. Nachdem er aber ja für alle noch als tot gilt, hat er ungeahnte Möglichkeiten, gefahrlos in das weitere Leben oder auch Ableben seiner Lieben einzugreifen.

Wirklich: Sehr schade, dass man solche Filme eigentlich nur noch auf Festivals oder manchmal in den spärlich gesäten Programmkinos zu sehen bekommt. Alle, alle, alle hätten sie ein großes Publikum verdient!

 

Spielfilme: Viel mit Frauen

In diesem Jahr waren, jedenfalls oberflächlich und nach den Titeln betrachtet, die Frauen das heimliche Top-Thema in Hof. »Anna's Summer« (von Jeanine Meerapfel) eröffnet den Reigen der einzeln dastehenden Damen. Damit ist aber nicht ein jahreszeitlich beschränkter Teil der »Chronik der Anna Magdalena Bach« (von Jean-Marie Straub, in der »Retrospektive«) gemeint. »Das Fräulein« namens Ana (von Andrea Štaka), steht neben gleich zwei verschiedenen Marias, nämlich zum einen der »tödlichen« (Tom Tykwers großer Erstling, ebenfalls in der »Retrospektive«), andererseits der »am Wasser« (von Thomas Wendrich), wobei es sich bei Letzterer vordergründig um den Namen einer Kirche handelt, die in einem Dörflein an der Elbe steht, aber trotzdem nichts mit der »River Queen« (von Vincent Ward) zu tun hat. Eigentlich geht es nämlich wesentlich um die Leiterin eines Wasienhauses, die auch Maria heißt.

Dazu dann noch »Zwei Frauen« (Ludwig Wüst), »Three Mothers« (Dina Zvi-Riklis), »Vier Töchter« (Rainer Kaufmann), eine Folge, die auch anderen Beobachtern aufgefallen ist – es wimmelt vor Weiblichkeit.

Auch da kann man nicht anders als auswählen, alles kann man eben schlicht nicht sehen! Kann man sowieso nicht, bei den über 100 Filmen, die in Hof liefen, auch nicht mit der jubiläumsbedingten Verlängerung um einen ganzen Tag.

»Vier Töchter« also, so als Beispiel, ist die hintergründige (Tragi-)Komödie um die vierte Tochter einer erfolgreichen Wohnungsmaklerin, die diese Vierte, die eigentlich ihre erste Tochter ist, seinerzeit zur Adoption weggegeben hat und seitdem vor sich selbst und dem Rest ihrer Welt verschweigt. Die erste/vierte Tochter begibt sich als mittlerweile Dreißigjährige auf die Spuren ihrer Vergangenheit und sucht die Familie auf und heim, die eigentlich ihre sein könnte und müsste. In der aber nicht alles zum Besten steht: Der Ehemann kümmert sich um nichts als sein Segelboot und hat außerdem ein Verhältnis; die eine Tochter ist schwanger und sollte wohl besser abtreiben, weil sie keinen Mann dazu hat; die andere Tochter wird schwanger, mit Mann zwar, hat aber eine Fehlgeburt; die nächste Tochter kümmert sich um die alkoholkranke Großmutter, mit der die Mutter nichts zu tun haben will. Und so weiter.

Regisseur Rainer Kaufmann ist auf Frauenthemen quasi abonniert: »Der schönste Busen der Welt« (1990), »Die Apothekerin« (1997), »Die Braut wusste von nichts« (2002), »Die Kirschenkönigin« (2003), um nur die augenfälligsten Titel aufzuzählen, wovon die meisten fürs Fernsehen gemacht wurden. Dabei also nicht »Marias letzte Reise« (2004) zu vergessen, der letztes Jahr mit Preisen nur so überhäuft wurde.

Anlässlich dieser nochmaligen Maria könnte man jetzt anmerken, dass den Drehbuchautoren im allgemeinen wohl eine gewisse Fantasielosigkeit bei der Wahl der Frauennamen vorzuwerfen sein könnte. Frauen müssen allem Anschein nach möglichst entweder An