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Fahrt in die Vergangenheit







Was lange währt wird endlich gut! Denkste. Die Bahn stellt den Haller Willem ins Abseits und kontakariert die Wünsche der Fahrgäste und Marketingbemühungen der VVOWL. Die Beliebtheit der Bahn wird dadurch nicht gerade steigen.



Von Manfred Horn

Fahrplanwechsel und neues Tarifsystem sorgen für reichlich Unruhe um die Deutsche Bahn. Während die Bahn selbstredend das neue System lobt und die Umstellung in Bielefeld gut verlaufen sei, kritisierten Fahrgastverbände einen fortgesetzten Tarifdschungel und die Erhöhung der Fahrpreise für Kurzentschlossene und Pendler im Reiseverkehr. Gänzlich unerwartet bremst die Bahn jetzt das Vorzeigeprojekt Haller Willem aus. Zur Expo 2000 noch gefeiert, findet ab sofort nur noch Busersatzverkehr auf einem Teil der Strecke statt.

Die »RegionalStationZukunft« sollte zeigen, wie öffentlicher Nahverkehr der Zukunft aussieht. Der Haller Willem sollte komfortabel, schnell, umweltfreundlich und zuverlässig sein. Für den Willem wurde extra das Schiennetz modernisiert. Die Gemeinden entlang der Strecke griffen das Expo-Projekt begeistert auf, die Bahnhöfe wurde renoviert und neugestaltet. Ausgestattet mit einem chicken Talent-Zug sind die Kundenzahlen in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich gestiegen. Zum Jahreswechsel 2003/2004 soll der Willem nicht mehr nur bis Dissen rollen, sondern wieder Bielefeld und Osnabrück miteinander verbinden.

Umso überraschender die Ankündigung der Bahn, den Haller Willem auf einem Teilstück durch Busse zu ersetzen. Im neuen Fahrplan steht davon kein Wort, der Zug sollte im gleichen Takt wie gehabt verkehren. Vier Tage vor dem anstehenden Fahrplanwechsel am vergangenen Sonntag erhielt der Kooperationspartner der Bahn, der VVOWL (Zweckverband Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe), eine Information zu Problemen der Bahn. Wochentags sollte der Zug nur noch bis Halle fahren, zwischen Halle und Dissen sollte es »Schienenersatzverkehr« geben. Die Bahn begründete die Maßnahme mit fehlenden Schienenfahrzeugen: Ab dem 15. Dezember müsse die Bahn eine Verkehrsmehrleistung von zehn Prozent erbringen, die Kapazitäten seien ausgereizt.

Die Maßnahme der Bahn rief heftige Kritik hervor: Der lokale Streckenbetreiber VVOWL betonte, man habe einen Vertrag mit der Bahn, der einen durchgehenden Stundentakt des Willem auf der gesamten Strecke vorsehe. »Das Verhalten der DB Regionalbahn Westfalen GmbH in der Angelegenheit Haller Willem ist völlig unakzeptabel«, sagte Heike Kunter, Verbandsvorsitzende VVOWL. Das der Bahn keine Fahrzeuge zur Verfügung stehen, war aus Sicht des VVOWL eine kaum nachvollziehbare Begründung. Einem so großen Unternehmen müsse ein Fahrzeug aus seiner Einsatzreserve oder auf dem Leasingwege zur Verfügung stehen. Der VVOWL kündigte an, rechtlich zur Verfügung stehend Mittel auszuschöpfen, um die Bahn zur Erbringung des Schienenverkehrs zu zwingen. Unverständlich sei auch, dass der VVOWL erst so spät von den Planungen der Bahn erfahren habe, da der VVOWL bemüht sei, den Haller Willem mit einem positiven Image zu vermarkten.






Zeitreise: 1903 Eisenbahner präsentieren sich und ihre Lok im Bahnhof Steinhagen (Bild oben links). Kurz vor der Streckenstilllegung 1984 fordern DemonstrantInnen einen »neuen Haller Willem« (Bild oben rechts). Der kam, allerdings mit 16 Jahren Verspätung (Bild unten). (Bilder aus: Haller Willem - Fahrt in die Zukunft)