Neues vom Neumarkt (23.02.2005)
Wer genau hinsieht, entdeckt in Bielefeld viele Sieker Löcher. Stadtentwicklung hieß in Bielefeld lange Zeit: Abreissen und auf den Investor hoffen. Die Fläche hinter dem Hauptbahnhof sollte eine riesige Gewerbeansammlung werden. Doch statt eines zumindest von außen hüschen alten Fabrikgebäudes (Droop & Rein) herrscht dort der Acker vor. Am Adenauerplatz soll nach wie vor ein Büroturm entstehen, von dem niemand weiß, ob er auch Mieter findet. Auch der Neumarkt kommt seit Jahren nicht voran. Dort wollen die Eigentümer jetzt Bewegung, sprich: Den Leerstand reduzieren. Doch statt Jubel kommt verhaltene Zustimmung bis Kritik.Von Manfred HornDie Situation ist paradox: Der Neumarkt wurde Ende der 1980er Jahre gebaut, um weitere Fläche für Einzelhandel und Büros zu gewinnen. Was folgte, war, wie an vielen anderen Orten in Bielefeld auch, jahrelanger Leerstand. Das Amerikahaus war am Anfang noch einigermaßen gefüllt mit einem Spielwaren- und Lebensmitteldiscounter. Inzwischen steht das Gebäude weitestgehend leer. Auch sonst ist am Neumarkt zwischen Kesselbrink und Bahnhof in den vergangenen Jahren nicht viel passiert: Der Platz, auf dem zwischenzeitlich auch mal der Wochenmarkt untergebracht werden sollte, verwaiste und wurde bestenfalls als Abkürzung von Fußgängern und Radfahrern oder als Parkmöglichkeit für Autos genutzt.
Nun kommt scheinbar etwas leben in die Geschichte, und schon stöhnt die Kaufmannschaft. Deren Rechnung ist ganz einfach: Mehr Geschäfte gleich weniger Umsatz für den eigenen Laden. Der Müncher HFS-Fonds, dem nicht nur das Amerikahaus, sondern inzwischen auch das Telekomhochhaus gehört, will nun die Leerstände beseitigen. Rein betriebswirtschaftlich macht das sicherlich Sinn, fragen sich Normalsterbliche doch, wie ein Konzern den Dauerleerstand überhaupt so lange hinnehmen konnte. Auch der Lebensmittelkonzern ECE zeigt seit Interesse, ohne dass allerdings bisher etwas konkretes passiert wäre (
WebWecker berichtete).
CDU, SPD und Grüne zeigen sich offen. Die grüne Ratsfraktion begrüßt ausdrücklich die Bemühungen, neue Akzente in das Stadtquartier am Neumarkt zu bringen und damit die »notwendige Stadtreparatur des zur Zeit nicht aktivierten Viertels voranzubringen«. Dazu zählen die Grünen auch die seit drei Jahren leerstehende ehemalige Hauptpost. Ein solches Projekt könne allerdings nur gelingen, wenn alle Beteiligten von Anfang an einbezogen werden. Noch fehle »eine Leitidee für die Neumarkt-Entwicklung«, erklärte Rainer Hahn, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen.
Was die Grünen aber nicht wollen, ist großflächiger Einzelhandel. Da keine zusätzliche Kaufkraft zu erwarten sei, würden zusätzliche Verkaufsflächen nur zu Lasten der vorhandenen Geschäfte in der Innenstadt gehen. Die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste in der Innenstadt könnten nach Ansicht der Grünen nicht kompensiert werden.