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Bau an der Württemberger Allee kommt näher (22.09.2004)



Von Manfred Horn

In der vergangenen Woche verabschiedete die bürgerliche Mehrheit im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss (UStA) gegen die Stimmen von SPD und Grünen Entwurfsvorlage eines Bebauungsplans Württemberger Allee in Sennestadt. Für die einen nur ein kleines Stück Wald, das Häusern geopfert werden würde, für die anderen ein nicht-hinnehmbarer Eingriff in wertvolle Natur inklusive Trinkwasser.

Die Bürgerinitiative »Für Senne, Wald und Trinkwassererhalt« kämpft seit Jahren gegen das geplante Baugelände. Das knapp acht Hektar große Waldstück in der Senne gehört zur typischen Sennelandschaft, im Zielkonzept Naturschutz der Stadt ist das Gebiet als schützenswert eingestuft. Parlamentarisch machen sich die Grünen seit Jahren für einen Baustopp stark, seit einiger Zeit auch die SPD auf Stadtebene.

Keine Wohnungsnot kann Rainer Hahn, umweltpolitischer Sprecher der grünen Fraktion, in Sennstadt ausmachen. Der seit Jahrzehnten geplante Bau von 150 Wohneinheiten sei alles andere als zwingend, zudem stünden andere Bebauungsmöglichkeiten beispielsweise an der Dalbker Allee in Sennestadt zur Verfügung. Auf der anderen Seite stünden unter anderem vier Fledermausarten und der seltene Schwarzspecht, die in dem Gebiet heimisch sind. Hinzukommt, dass die Gegend für die Gewinnung von Trinkwasser nötig sei. Dies haben die Gegner der Bebauung sogar offiziell: Im Zielkonzept Naturschutz wird von einem »Naturschutzvorranggebiet« gesprochen.

Kurz vor der Wahl treiben die bürgerlichen Parteien die Macht des Faktischen aber voran. Durch die Aufstellung eines Bebauungsplans als Entwurfsbeschluss, also quasi der Vorstufe eines vom Stadtrat verabschiedeten gültigen Bebauungsplans, können nun Tatsachen geschaffen werden. Denn in Bielefeld ist schon öfters auf Grundlage eines solchen Entwurfsbeschlusses gehandelt worden, zum Beispiel bei der Ausweisung des Gewerbegebiets an der A2. Die Verwaltung geht dann einfach davon aus, dass es keine neuen Einwendungs-Aspekte mehr gebe – offiziell gilt eine einmonatige Einwendungsfrist – und greift dem Satzungsbeschluss des Rates vor. »Ein Affront gegen die Bürger«, empört sich die grüne Oberbürgermeisterkandidatin Inge Schulze.

Der im UStA verabschiedete Entwurfsbeschluss schlägt zwar die Bebauung vor, weil in Sennestadt »für junge Familien im wesentlichen im Hinblick auf den freistehenden Einfamilienhausbau« im Sennestädter Norden Wohnraum fehle, andererseits steht wörtlich im Bericht: »Für den Boden, die Tiere und Pflanzen treten umfangreiche Beeinträchtigungen auf, die weder vermieden, minimiert oder ausgeglichen werden können ... Dementsprechend ist das Vorhaben als nicht vereinbar mit den Belangen der Schutzgüter Boden, Tiere und Pflanzen zu bezeichnen. »Starke Konflikte« macht der Bebauungsplan auch im Bereich Wasser aus. Denn die Gegend Württemberger Allee liegt im Einzugsgebiet eines Wasserwerke. Es sei ein »hoher Aufwand an Vermeidungs- und Minimierungs- sowie Ausgleichsmaßnahmen erforderlich«, steht im Bebauungsplan. Dies gelinge »nach bisherigen Überlegungen im Einzugsbereich des Wasserwerkes 01 nicht vollständig, sondern nur unter Einbeziehung des Wasserwerkes 02«.

Offenbar spielte die Natur trotz der massiven Bedenken bei der Entscheidung dann keine Rolle mehr. Circa 30 Hektar Ausgleichsfläche, also zu schützender Naturraum, müssen für die Bebauung an anderer Stelle geschaffen werden, steht im Bebauungsplan. Dem stehen lediglich geplante 13 Hektar Bebauungsfläche gegenüber. Ein äußerst schlechtes Verhältnis, findet Rainer Hahn. Er verspricht: »Sollten wir zur Mehrheitsfindung im neuen Rat benötigt werden, dann werden wir die Bebauung kippen«.

Hinter den Bauplänen steht die Sennestadt GmbH – deren einziger Gesellschafter die Stadt Bielefeld ist – und die die Baufläche für Einfamilienhäuser vermarkten will, und die Interessen einzelner BürgerInnen, die unbedingt an der Württemberger Allee – also mitten im schützenswerten Grün – wohnen wollen.